Nur wenige Neuwagen rollen in der Basisversion auf die Straße. Mit den Extras wollen sich Hersteller Geld zurückholen

Früher, da war das Leben einfach. Wenn man ein Auto kaufte, entschied man sich für Modell, Motorisierung und Farbe. Wer ein bisschen mehr wollte, der blätterte in der Liste mit den Extras. Eine Seite, maximal zwei, Schiebedach, Automatik, vielleicht ein Radio ab Werk. Ein bisschen verhandeln, eine Unterschrift, der Autokauf war besiegelt. Heute dagegen kann man mit der Konfiguration eines Neuwagens sehr lange Abende verbringen.

Was will ich eigentlich haben, und was ist der günstigste Weg, es zu bekommen? Für Autokäufer sind diese Fragen immer schwieriger zu beantworten. Mit der Gestaltung solcher Irrgärten sind in den Autokonzernen ganze Abteilungen befasst. "Das Geschäft mit den Sonderausstattungen ist für die Hersteller sicherlich attraktiv", sagt Ralf Landmann, Partner für den Automobilsektor bei der Strategieberatung Roland Berger. Denn die Extras bieten den Autobauern die Möglichkeit, sich die Margen wieder zurückzuholen, die in den Rabattschlachten der vergangenen Jahre zurückgegangen sind. Navigations- oder Entertainmentsysteme als Werksausstattung sind zum Beispiel deutlich teurer als Lösungen aus dem Zubehör. Zum Teil lässt sich das damit erklären, dass sie stärker mit der Bordelektronik vernetzt sind und deshalb oft auch mehr können als die Nachrüstlösungen.

Beispiel 1er BMW: Dutzende verschiedene Extras lassen sich für das kleinste Modell der Bayern bestellen. Leichtmetallräder inklusive passender Reifen? 600 bis 2300 Euro. Metalliclack? 660 Euro. Parkassistent? 350 Euro. Wer alle Extras haben will, der kann einen nackt knapp 23.000 Euro teuren 114i in ein weit über 40.000 Euro teures Ausstattungsmonster verwandeln.

Und wie bei BMW geht es bei den meisten Herstellern zu. So kostet für den Audi A1 die Farbe Blau 130 Euro extra; es gibt sie aber nur, wenn man sich auch die Außenspiegel in Wagenfarbe lackieren lässt - macht weitere 70 Euro. Nicht immer scheint die Preisgestaltung dabei plausibel: Was genau macht ein Adapterkabel für den iPod 60 Euro teuer, wenn ein Monteur es schon im Werk in einen Audi A1 legt? "Solche Dinge durchlaufen bei uns ja ganz anderen Qualitätstests als die Bauteile aus dem Zubehör", bemüht sich Audi-Sprecher Moritz Drechsel um eine Antwort.

Die allermeisten Hersteller gestalten die Preise für Sonderausstattungen so wie Audi oder BMW - und zwar egal, ob Premiummarke oder Preisbrecher. Und immer gibt es auch gute Erklärungen dafür. "Eines der Konzepte von Dacia zur Kostensenkung ist die konsequente Rationalisierung der Produktion", heißt es etwa von dem rumänischen Hersteller, wenn man fragt, warum man für die billigste Sandero-Variante keine Klimaanlage und kein Radio bestellen kann, auch nicht gegen Aufpreis. "Bei der Basisausführung Sandero Essentiel wird diese noch konsequenter durchgeführt, indem die Optionsvielfalt drastisch reduziert wird."

Wer also allein die Chance auf kalte Luft in seinem Sandero haben möchte, der muss die höherwertige Ambiance-Ausstattung wählen. Die kostet 1000 Euro mehr, immer noch ohne Klima und Musik. Dafür sind zusammen noch mal 840 Euro fällig. Diese Preispolitik erlaubt es Dacia, das Modell mit einem Kampfpreis von 6990 Euro zu bewerben, obwohl zumindest in Deutschland kaum jemand einen so kargen Sandero kaufen dürfte.

Denn die andere Seite der Wahrheit ist: Es gibt auch die Lust der Kunden am Extra. Viele Kreuzchen auf der Liste, viele Schalter in der Mittelkonsole, viele Features, bei denen man sehen kann, dass das gleiche Modell in der Parklücke nebenan sie nicht hat. So etwas macht vielen Spaß, besonders sichtbar wird das im Segment der Lifestyle- und Spaßautos. "Je emotionaler das Fahrzeug, desto mehr Zusatzausstattungen werden gekauft", sagt Audi-Mann Drechsel. "Das gilt für alle Cabrios, auch die SUV werden im Durchschnitt mit doppelt so viel Zusatzausstattung bestellt wie Limousinen."

"Der Kunde ordert zwar ein Serienprodukt", so Psychologe Alfred Herrmann, "er will aber, dass sein Auto etwas ganz Besonderes ist. Das lässt sich über Extras erreichen, und viele Kunden machen davon gern Gebrauch." Nicht zuletzt wird Premium auch erst Premium, wenn es wie Premium aussieht. Die Zahlen geben Hermanns Theorie recht: Bei BMW verlassen pro Jahr nur zwei vollkommen identische 3er das Band, wenn man alle Ausstattungsentscheidungen heranzieht. Und Mini-Kunden legen laut Hersteller ein Fünftel des Kaufpreises in Zusatzausstattung an - macht aus einem kargen 16.000-Euro-Mini dank Navigationssystem, Sonderlack und Soundanlage schnell ein 20.000-Euro-Auto.

Wer dagegen sparen muss, so hat Roland-Berger-Experte Landmann beobachtet, der bestellt heute eher weniger Extras als vor 20 Jahren. Allerdings sei der Verzicht leichter als damals: "In vielen Modellen finden wir heute serienmäßig eine Vielzahl Funktionen, die vor einigen Jahren noch als Sonderausstattung verkauft wurden", sagt der Experte. Wer den Schulterblick noch selbst beherrscht und in der Lage ist, ohne Assistenz die Fahrspur zu halten, der kann mit einer gewissen Basisausstattung glücklich werden.