Jetzt kommen auch routinierte Autofahrer an ihre Grenzen. Ein paar Tipps von Experten können helfen

Es wird kälter in Hamburg und die Zeiten für Autofahrer damit härter. Die Reifen gleiten über Eis, von Kontrolle keine Spur - das kennt wohl jeder Steuermann. Winterreifen geben zwar grundsätzlich ein gutes Gefühl, aber sie allein reichen nicht, um in der kalten Jahreszeit sicher unterwegs zu sein. Wollen Autofahrer trotz Eis und Schnee möglichst immer Herr der Lage sein, sollten sie ein paar Kniffe kennen. Experten erklären, was noch geht, wenn scheinbar nichts mehr geht.

Bremsen: "Auf keinen Fall die Stotterbremse", warnt Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände in Berlin. "Das ist ein veralteter Tipp." Wer kein ABS habe, solle auf glatter Straße besser durchgängig, aber gefühlvoll bremsen. Laut Hubert Paulus vom ADAC in München dürfen Fahrer in Autos mit ABS in einer Notsituation auch bei Glätte ruhig voll auf die Bremse gehen. Der Bremsassistent kümmere sich darum, dass der Fahrer weiterhin lenken könne. "Aber bei dem Geräusch nicht erschrecken. Wer das ABS-Bremsen nicht kennt, übt es am besten zu Beginn des Winters auf einem Parkplatz", rät Paulus.

Beschleunigen: Drehen beim Gasgeben die Reifen durch, greift bei neueren Autos der Schleuderschutz ESP. Eine gelbe Leuchte weise darauf hin, wenn das System einschreitet, erklärt Paulus. "Das zeigt, dass ich zu viel Gas gebe." ESP bremst das Rad, das durchdreht. Bei Autos ohne die Technik sollten Fahrer laut Bressensdorf Gas wegnehmen, sobald sie spüren, dass die Räder nicht mehr greifen. Ob mit oder ohne Schleuderschutz, beim Beschleunigen empfiehlt der Fahrlehrer: "Zwischen Gaspedal und Fuß muss man sich ein rohes Ei vorstellen. So gefühlvoll muss man Gas geben."

Ausparken: Ist der Wagen in der zugeschneiten Parklücke festgefroren, muss der Fahrer ihn nicht unbedingt mühsam freischaufeln. Rausschaukeln heißt das Zauberwort. Dabei sollte man mit dem Wagen ein kleines Stück nach vorn rollen, um nach einigen Zentimetern schnell in den Rückwärtsgang zu schalten und ein Stück nach hinten zu fahren. Das wiederholt er so lange, bis das Schaukeln ihm genug Schwung gibt, um den Widerstand zu überrollen. Das gehe aber nur, wenn der Platz ausreicht, warnt von Bressensdorf. Paulus zieht die Fußmatten-Methode vor: Die Matten aus dem Auto kommen dabei auf beiden Seiten unter die Antriebsräder.

Übersteuern: Beim Übersteuern bricht das Heck in einer Kurve aus - oft ein Zeichen für zu hohe Geschwindigkeit. "Das ist schon ein sehr kritischer Zustand", sagt von Bressensdorf. Damit das Auto dabei nicht ins Schleudern gerät, sollte der Fahrer den Fuß vom Gas nehmen und die Kupplung treten. Das nimmt Antriebskräfte von den Rädern weg und ermöglicht, dass man wieder lenken kann. Im Automatikauto sollte notfalls in den Leerlauf geschaltet werden. Allerdings erlauben das nicht alle Hersteller - also vor dem Winter unbedingt in die Bedienungsanleitung schauen.

Untersteuern: Untersteuern sei weniger gefährlich als das Übersteuern, sagt Paulus. Dabei rutschen die Vorderräder in einer Kurve fast geradeaus weiter, obwohl das Lenkrad eingeschlagen ist. Auch hierbei gilt: Gas weg und Ruhe bewahren. Dann lasse sich der Wagen in der Regel wieder steuern.

Schneeketten: Sie funktionieren so ähnlich wie die Stollen unter Fußballschuhen. Die Kette grabe sich in den Schnee ein und erhöhe dadurch den Rollwiderstand des Reifens, erklärt Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE). Der Reifen rutscht auf Schnee nicht so leicht weg. Allerdings darf der Fahrer laut Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht schneller als 50 km/h fahren. Wenn man zu schnell unterwegs sei, könne sich durch die Fliehkräfte die Kette vom Reifen lösen und zum Beispiel den Radkasten beschädigen. Außerdem dürfe die Kette nur aufgezogen sein, wenn die Straße vollständig mit Schnee bedeckt ist. Hat sie Kontakt zum Untergrund, schadet das Asphalt und Kette.

Anhänger: Fahren mit Anhänger ist aus zwei Gründen im Winter gefährlicher als sonst: Das zusätzliche Gewicht erschwere in brenzligen Situationen, die Kontrolle über das Fahrzeug zurückzugewinnen, sagt Paulus. Deshalb sollte der Fahrer besonders gefühlvoll bremsen und größeren Abstand zum Vordermann halten als sonst. "Auf keinen Fall mehr Gas geben, damit sich das Gespann streckt", warnt Paulus. Außerdem könnten Eis und Schnee die Leuchten und Steckverbindungen zwischen Auto und Hänger beschädigen.

Fahrassistenten: Nicht auf alle kann man sich im Winter verlassen. ABS und ESP funktionieren in der Regel auch bei Schnee und Eis normal. Andere elektronische Helfer arbeiten oft mit Kamerasensoren, die Schnee und Eiskrusten außer Gefecht setzen können, so von Bressensdorf. "Spurhalteassistenten bringen bei Schnee zum Beispiel überhaupt nichts, weil die ja gar keine Markierungen wahrnehmen können." Die meisten Assistenten geben aber auch Warnzeichen, sobald sie nicht mehr arbeiten können, sagt Paulus.