Eine Ansichtssache von René Soukup

Als wenn es nicht schon genug Möglichkeiten gebe, dass man(n) die Frau oder auch das weibliche Geschlecht sein männliches Herzblatt kennenlernt. Singlebörsen im Internet sind inzwischen wie Sand am Meer vorhanden, in der Beliebtheitsskala ebenfalls ganz weit oben sonnen sich die sogenannten "Ü-Partys" - für beispielsweise über 30- oder auch 40-Jährige.

Man mag zu dieser Entwicklung stehen, wie man will. Fakt ist: Geld lässt sich mit den Flirtwilligen offenbar gut verdienen. Auch der ADAC macht mittlerweile auf Partnervermittler. Oder genauer gesagt: das zum Automobilclub gehörende Fahrsicherheitszentrum in Lüneburg. Es offeriert Speed Dating hinterm Steuer - gegen eine Gebühr von 189 Euro für Mitglieder und 199 Euro für Nichtmitglieder.

Auch wenn das bei dem einen oder anderen wilde Fantasien wecken mag, wirklich romantisch ist das für die jeweils fünf weiblichen und männlichen Teilnehmer erst einmal nicht. Kein feiner Wein, kein Kerzenschein, stattdessen Schweißperlen auf der Stirn ob der Anforderungen (zum Beispiel Slalomfahren oder Boxenstopp inklusive Reifenwechsel). Zudem ist der Blick (hoffentlich) auf die Strecke gerichtet statt in die Augen des Fahr-Partners, der ohnehin alle 45 Minuten wechselt. Schließlich sollen die Singles in den Genuss von fünf unterschiedlichen Kopiloten kommen. Also ruck, zuck und der Nächste bitte!

Dennoch hat diese Variante des Kennenlernens einen gewaltigen Vorteil gegenüber der Kontaktsuche im Netz. Anstatt sich über Wochen unzählige Mails zu schreiben, bevor man sich trifft, ist das Auswahlverfahren beim Speed Dating hinterm Steuer gewiss schneller abgeschlossen. So wissen Mann und Frau zügig, ob sie aufeinander abfahren.

Die These des Fahrsicherheitszentrums-Geschäftsführers, dass Singles nirgendwo besser als im Auto feststellen können, ob sie zusammenpassen, ist mehr als gewagt. Und Flirt-Nostalgiker mögen allein schon wegen der Teilnahmegebühr und der gestiegenen Erwartungshaltung die Augen verdrehen. Anbaggern geht ja auch auf der Straße oder an der Supermarktkasse. Ist spontan und umsonst. Was also ist der Weisheit letzter Schluss? Halten wir es nach einem alten Sprichwort: Jedem Tierchen sein Pläsierchen.