Mit der Hauptuntersuchung (HU) von Kraftfahrzeugen ist es wie beim Zahnarzt. Man geht hin und weiß nicht, was auf einen zukommt. Denn sowohl Prüfer als auch Doktor haben die Aufgabe, jeden noch so kleinen Mangel an Auto oder Kauleiste aufzudecken. Und doch gibt es einen gewaltigen Unterschied zwischen beiden: Die einen bohren und reparieren, die anderen inspizieren, ohne zu montieren - und müssen jetzt um ihr Alleinstellungsmerkmal fürchten. Wobei wir beim zweiten Unterschied wären. Denn ein kaputtes Gebiss kann auch künftig nur vom Zahnarzt geflickt werden. Dagegen sollen die Prüfer von TÜV, Dekra und Co., immerhin mehr als 11 000 Ingenieure, die bisher ausschließlich die HU durchführen durften, Konkurrenz bekommen.

So will es laut "Spiegel" zumindest der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Er fordert, dass auch Fachwerkstätten die HU in Eigenregie durchführen können. Denn ein Kfz-Meister sei für diese Aufgabe ebenso prädestiniert wie ein Akademiker. Bisher arbeiten Prüfer und Werkstätten zusammen, werden doch die meisten Untersuchungen in deren Räumlichkeiten durchgeführt. Doch wo es um Geld geht, hört die Freundschaft bekanntlich auf. Und es geht um viel Geld.

Über eine Milliarde Euro jährlich kostet die TÜV-Prüfung den Autofahrer hierzulande. Verständlich, dass sich jede Partei den größtmöglichen Anteil vom Kuchen sichern will. Die wichtigste Frage ist jedoch: Was ist das Beste für den Kunden? In Österreich, wo die Meister-HU gängige Praxis ist und auch die Stützpunkte der Automobilklubs prüfen dürfen, spart er Geld. Mitunter sind rund 50 Prozent weniger fällig als in Deutschland.

Nun fahren beide Seiten ihre Krallen aus. Die einen sehen das einst partnerschaftliche Verhältnis als nicht mehr intakt, die anderen versuchen, die Überlegenheit des TÜV-Systems in Ländern mit unabhängigen Prüfdiensten anhand von Unfallstatistiken zu belegen. Die EU hat eine Verordnung entworfen, die 2015 das Prüfwesen in Europa vereinheitlichen soll. Das Bundesverkehrsministerium hat derzeit ganz andere Baustellen und hält sich zurück. Egal, wer das Rennen macht, und egal, wer die beleidigte Leberwurst spielt: Hohe Qualitätsstandards bei der HU sollten immer das Wichtigste sein: für die Menschen und die Sicherheit auf den Straßen.