Am kommenden Wochenende zieht das Rennsport-Revival Tausende Oldtimerfans in seinen Bann. Teja Fischer startet mit seinem MG K1.

Der Weg zu seinem "Wohnzimmer", wie Teja Fischer zu sagen pflegt, führt durch eine kleine Nebenstraße in Hamburg-Eimsbüttel. Es geht in einen Hinterhof, dann eine steile Kurve hinab. Wenn der 66-Jährige die Tür der Werkstatt öffnet, schlägt der Puls eines Autoliebhabers etliche Takte höher. Denn hier, auf circa 100 Quadratmetern, verbergen sich Schätze, deren Wert einer Villa entspricht. Sechs englische Oldtimer sind in dieser von außen unscheinbaren Schatzkammer untergebracht, zwei davon gehören dem Rentner: ein schwarzer MG K1 mit grünem Lederbezug, Baujahr 1933, sowie ein rotes MG TD Arnold Coupé mit gleichfarbiger Lederausstattung aus dem Jahr 1953.

+++ Treffen der Oldtimer: Triumph im Stadtpark +++

An der Wand hängt der Union Jack, es riecht nach Gummi, Leder und Benzin. Werkzeuge und Reifen sind sauber nebeneinander aufgereiht, auch eine Hebebühne ist vorhanden. "Das ist Lebenselixier, hier bleibt der Ärger draußen. Und um 17 Uhr ist Teatime", sagt der Oldtimer-Liebhaber. Sofort wird klar: Hier sind Menschen mit Liebe zum Detail am Werk. Neben Fischer sind das drei Gleichgesinnte, mit denen er die Fläche angemietet hat.

Am kommenden Wochenende wird es in der Werkstatt leerer sein. Dann ist der Ex-Besitzer einer Elektrofirma wieder mit seinem K1 am Start - in seiner Heimatstadt beim elften Stadtpark-Revival, dem legendären Oldtimer-Grand-Prix mit ganz besonderem Flair. "Da habe ich quasi ein Heimspiel", freut sich Fischer über die kurze Anreise. Andere haben es da weiter. Zum Beispiel die Fahrer aus der Schweiz, Schweden, Dänemark, Italien, Belgien, Österreich und den Niederlanden. Mehr als 350 klassische Automobile, Old- und Youngtimer, Motorräder sowie Rennsportfahrzeuge gehen an zwei Tagen auf die 1,7 Kilometer lange Traditionsstrecke entlang der Saarlandstraße. 20 000 Zuschauer erwartet Organisator Uwe Quentmeier. "Die weiteste Anreise haben zwei Fans aus Japan", berichtet er. Ein großes Plus dieser Veranstaltung: Motorsportfans können das Fahrerlager besuchen und die kostbaren Autos aus nächster Nähe begutachten.

Davon werden viele auch bei Fischer Gebrauch machen. Denn sein Sechszylinder mit Köngswellenmotor (45 PS/110 km/h) ist eine echte Rarität. Nur einen davon gibt es in Hamburg, drei in Deutschland und elf weltweit. Dabei hatte er vor 38 Jahren eigentlich von einem Kauf abgesehen. "Ich dachte mir, was ist das denn für ein Schrott. Erst Freunde haben mich überredet." 10 000 Mark kostete der Oldtimer mit 1086 Kubik damals, heute ist er das 30-Fache wert. "Seltene Autos sind besser als jede Aktie", sagt Fischer, der betont, dass es ihm nicht ums Geld ginge. Davon hat er zur Genüge in den Viersitzer reingesteckt, Original-Ersatzteile aus ganz Europa bestellt. Und den Wagen über 15 Jahre restauriert. Seinen Oldtimer immer in Schuss zu halten ist ein kostspieliges Hobby. So können für eine Motorüberholung beim MG K1 mal eben 20 000 Euro fällig werden, da alles wie beim Flugzeug in Einzelteile zerlegt wird und bestimmte Elemente sogar geröntgt werden.

Manchmal macht Not auch erfinderisch. Und wenn man in der Oldtimer-Szene gut vernetzt ist, kann das von Vorteil sein. "Wir sind alles Enthusiasten, das schweißt zusammen. Da leiht der eine dem anderen schon einmal seine Hinterachse. Mit der Ansage, sie aber erst in 15 Jahren zurückzubekommen", erzählt Fischer, der Mitglied im Klub "MG Freunde Hamburg" ist. Dass der Lack seines Oldtimers an einigen Stellen kleine Kratzer aufweist, ärgert ihn überhaupt nicht. "Das gehört bei so einem Auto einfach dazu", schmunzelt Fischer, während er stolz eine prall gefüllte Mappe vom Beifahrersitz hebt. Darin befinden sich sämtliche Original-Zertifikate aus den 30er-Jahren, darunter die Herstellungs- und Auslieferungsurkunde aus England.

Sein Interesse für fahrbare Untersätze kommt nicht von ungefähr. Die Eltern waren Inhaber einer Fahrschule. Kein Wunder also, dass der Vater eines Sohnes bereits mit 17 Jahren die Führerscheinprüfung bestand, sich prompt einen Fiat 500 zulegte - und daraus Profit schlug. "Ich war im Bekanntenkreis damals der erste mit dem Lappen, habe für kleines Geld immer Mitschüler mitgenommen. Dadurch konnte ich Geld für einen Opel Kadett sparen." Mit dem fuhr er Rallyes im norddeutschen Raum, hörte im Alter von 25 Jahren damit auf und entdeckte seine Liebe zu Oldtimern. Seine Frau Renate teilt die Leidenschaft ihres Mannes nur bedingt. Zwar ist sie bei Veranstaltungen oft mit vor Ort, allerdings nur in der Zuschauerrolle. "Ans Steuer hat sie sich noch nicht gewagt." Daran wird sich auch bis zum Stadtpark-Revival nichts ändern.

Der Klassiker in Hamburg, bei dem Fischer diesmal in der "Vorkriegsklasse" startet, ist für ihn schon etwas Besonderes. "Die Stadt lebt von solchen Events. Und als gebürtiger Hamburger habe ich natürlich großes Interesse, so eine Veranstaltung über die Grenzen publik zu machen." Deshalb hat er sich auch wieder engagiert, Reklame gemacht und Nostalgiker zur Teilnahme animiert.

Scharf auf Siege ist der in Sülldorf wohnende Oldtimer-Liebhaber nicht mehr. Er will das Fahren genießen, dabei die Bäume riechen, den Wind im Nacken spüren. Und vor allem gilt es, heil anzukommen - sowohl Mensch als auch Auto. Ersteres ist bisher immer geglückt, sein rotes Coupé setzte er allerdings vor vier Jahren auf dem Nürburgring in die Leitplanken - Aquaplaning. Zu sehen ist davon trotz schwieriger Ersatzteilbeschaffung nichts mehr. Besitzer von Oldtimern sind eben Menschen mit Liebe zum Detail.