Wer schuldlos in einen Unfall verwickelt ist, muss sich um keine Formalitäten mehr kümmern. Das spart vor allem Zeit, aber auch Geld.

Hamburg. 66 118 von der Polizei registrierte Verkehrsunfälle gab es im vergangenen Jahr auf Hamburgs Straßen. Im besten Fall bleibt es bei einem kleinen Blechschaden samt geklärter Schuldfrage. Ärgerlich ist das für alle Beteiligten allemal - und kann für den Geschädigten richtig nervig werden, wenn er sich um die kompletten Formalitäten selbst kümmert. Doch das muss gar nicht sein. Die Devise lautet: Stress vermeiden, sowie Zeit und Geld sparen. Genau das bieten zahlreiche Hamburger Autohäuser für jeden, der schuldlos in einen Unfall verwickelt ist, keinen Papierkram erledigen und die Angelegenheit möglichst schnell abhaken möchte. Und das unabhängig von der Schadenshöhe, sei es ein Lackkratzer, eine zerbrochene Stoßstange oder der zusammengestauchte Motorraum. Es ist sozusagen ein "Rundum-sorglos-Paket".

Bei der Volkswagen Automobile Hamburg GmbH in der Horner Landstraße ist Kai Miller, ein gelernter Kfz-Mechaniker, der Mann für eben diese Fälle. Der 37 Jahre alte zertifizierte Serviceberater ist für Unfallgeschädigte Ansprechpartner und Rechtsberater zugleich. "Ich habe hier circa zehn Haftpflichtschäden pro Woche", sagt Miller, der mit Kanzleien, die auf Verkehrsrecht spezialisiert sind, und unabhängigen Gutachtern zusammenarbeitet.

+++ Hier gibt es Hilfe +++

Das Einzige, was der Kunde tun muss, ist das Unterschreiben einer Abtretungserklärung. Dann kommt die Kanzlei ins Spiel. Ihr stellt der Geschädigte eine Vollmacht aus, beantwortet einen Fragebogen und schildert detailliert den Unfall. Übrigens: Auch bei kleinen Werkstätten kann man eine Abtretungserklärung unterschreiben, doch viele dieser Firmen vermitteln nicht automatisch einen Anwalt, sondern treten direkt in Kontakt mit der gegnerischen Versicherung. Bei Volkswagen in Horn geht aber sämtlicher Schriftverkehr über den Anwalt. "Nachdem die Abtretungserklärung bei uns abgegeben wird, dauert es mitunter nur Minuten, bis sich die Kanzlei beim Mandanten meldet", so Miller.

Fast genauso schnell, nämlich wenige Stunden nach dem Unfall, ist auch der Sachverständige vor Ort, der die Schadenshöhe ermittelt. Schließlich macht die Kanzlei dann bei der Versicherung des Unfallverursachers die Ansprüche geltend. "Der zeitliche Abstand vom Unfalltag bis zum Einreichen der Forderung beträgt im Normalfall ein bis drei Tage", sagt Rechtsanwalt Dr. Frank Ochsendorf von der Kanzlei Ochsendorf & Coll., die auf Verkehrsrecht spezialisiert ist. Das Gute für den Kunden: Er muss für diese Leistung nicht einen Cent bezahlen. Sämtliche Kosten übernimmt die Versicherung des Unfallverursachers. Das ist allerdings nicht nur bei diesem Komplettservice der Fall. Natürlich hat jeder Betroffene das Recht, sich seinen eigenen Anwalt und Gutachter auszusuchen. Darauf verweist auch Miller, bevor er den Kunden zur Unterschrift bittet. "Ob der Komplettservice eines Autohauses oder der befreundete Anwalt samt Gutachter: Wichtig ist, dass der Geschädigte eine Beweissicherung hat, die im Streitfall vor Gericht aussagekräftig ist."

Laut des Volkswagen-Mitarbeiters sei es ein großer Fehler, sich als Geschädigter direkt mit der Versicherung des Unfallverursachers in Verbindung zu setzen. Den Grund nennt der ADAC auf seiner Internetseite. Dort heißt es: "Vor allem bei Angeboten der gegnerischen Haftpflichtversicherung besteht das Risiko, dass die unabhängigen Berater (Anwalt und Sachverständiger) umgangen werden und sie nicht vollen Schadenersatz erhalten." Eine kleine Hamburger Werkstatt gab auf Abendblatt-Nachfrage zu, nicht selten den Gutachter der Versicherung des Unfallverursachers zu akzeptieren. Martin Hinsch, Geschäftsführer des Hamburger Ingenieurbüros Hinsch & Consorten, das zugleich Vertragspartner der GTÜ, Deutschlands größter amtlich anerkannter Kfz-Überwachungsorganisation freiberuflicher Sachverständiger, ist: "Viele Versicherungen haben Partnerverträge mit Werkstätten. Diese sind nicht immer markengebundene Fachwerkstätten, Garantieansprüche zum Beispiel durch anschließend auftretende Korrosion können durch den Hersteller abgelehnt werden."

Ein weiterer Haken: Diese Werkstätten berechnen nicht selten einen Stundenlohn, der bis zu 30 Prozent unter dem Durchschnittswert liegt. Laut einem Insider, der namentlich nicht genannt werden möchte, fangen diese Betriebe den Verlust wieder auf, indem sie beispielsweise Lacke mit schlechterer Qualität verwenden.

Der Geschädigte bekomme im Normalfall seinen Wagen zwar binnen einer Woche repariert zurück, der ursprüngliche Zustand ist - sofern es nach Qualitätsstandards geht - jedoch nicht wiederhergestellt. Hinzu kommt, "dass die eine oder andere Versicherung gerne einmal Kleinigkeiten wie den Nutzungsausfall hintenrunterfallen lässt", so Hinsch.

Für die Autohäuser ist der Service nicht immer ertragreich - zum Beispiel wenn der Pkw einen Totalschaden hat und sich der Fahrzeughalter gegen den Kauf eines Wagens vor Ort entscheidet. "Geld machen wir in solchen Fällen nur mit der Reparatur", ansonsten gehe es laut Miller um die Kundenzufriedenheit. Auch Kanzleien und Gutachter machen nicht immer den großen Reibach. Sie verdienen etwa zehn Prozent vom Streitwert. Bei einer kleinen Beule ist das nicht viel. Dennoch: Bei etwa 2,4 Millionen Verkehrsunfällen in Deutschland pro Jahr - nicht berücksichtigt sind hier sogenannte Bagatellschäden, die ohne Hinzuziehung der Polizei privat geregelt werden - gibt es für Kanzleien und Gutachter genug zu tun. Die Abwicklung von Autounfällen, inzwischen ist das ein ganz normales Massengeschäft.