Der Lancia Flavia im Abendblatt-Praxistest

Mit der Schützenhilfe von Chrysler bekommt in diesem Sommer die sieche Nobelmarke Lancia nach vielen Jahrzehnten endlich wieder ein Cabrio. Mit Lust und Leidenschaft und vor allem mit viel lauer Luft will uns der Flavia den Sommer versüßen und an Zeiten erinnern, in denen das Dolce Vita ohne einen Lancia nicht denkbar war.

All jene, denen der Sinn für solche Träumereien fehlt, lockt die italienische Ausgabe des Chrysler 200 mit großem Platzangebot und kleinem Preis. Konkurrenten wie Audi A5, BMW Dreier oder Volvo C70 sind alle ein paar Tausender teurer - und lange nicht so gut ausgestattet. Außerdem hat der Italo-Ami eine Rückbank, die auch für Erwachsene nicht zur Strafbank wird.

Aber kurz danach war es das dann auch. Denn viel mehr als einen großen Namen, ein stolzes Format und eine lange Ausstattungsliste hat der Flavia nicht zu bieten. Das Design ist solide, aber nicht spektakulär, und verliert vor allem an der Kehrseite an Reiz. Das Ambiente ist eher schlicht als schick. Das Verdeck funktioniert zwar automatisch und lässt den Insassen genügend Kopffreiheit, faltet sich aber ausschließlich im Stand und braucht zum Öffnen quälend lange 28 Sekunden.

Der Antrieb taugt allenfalls zum Cruisen. Auf einer Küstenstraße mit sanften Kurven und Tempolimit macht der Vierzylinder mit seinen 170 PS noch eine ganz gute Figur. Leise und unauffällig, lässt er den Flavia entspannt im Verkehr mitschwimmen. Dabei sitzt man wie auf einem Promenadendeck, das mit Windschott und geschlossenen Scheiben weitgehend frei von Zugluft bleibt und dank des betont komfortablen Fahrwerks auch auf schlechten Straßen große Entspannung bietet.

Doch wehe, es wird steil und kurvig. Dann fehlt es Fahrwerk und Lenkung an Bestimmtheit, und der Motor stößt auf solchen Strecken schnell an seine Grenzen. Dann nämlich, wenn man knapp zwei Tonnen Auto über bergige Strecken wuchten muss - vor allem, wenn dann auch noch die Automatik ihren Tribut fordert und dem Motor den letzten Atem raubt. Obendrein zahlt man für diese Geduldsprobe einen hohen Preis - spätestens an der Tankstelle: Denn schon auf dem Prüfstand gönnt sich der Flavia 9,4 Liter, in der Praxis eher zwölf und mehr Liter.