Wird ein Autofahrer bei einem unverschuldeten Unfall verletzt, hat er Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Höhe kann stark schwanken.

Berlin/München. Wer bei einem Autounfall unverschuldet verletzt wird, kann Schmerzensgeld fordern. „Es soll ein Ausgleich sein für materiell nicht zu bezifferndes Leiden“, erklärt ADAC-Jurist Jost Kärger. Dafür muss das Opfer gegenüber der Versicherung des Unfallverursachers nachweisen, Verletzungen oder Beeinträchtigungen einer gewissen Intensität und Dauer erlitten zu haben. Bei einem Mitverschulden, etwa weil der Geschädigte den Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte, wird das Schmerzensgeld gemindert. Auch bei Vorerkrankungen des Opfers kann es Abzüge geben, sagt Roman Becker, Fachanwalt für Verkehrsrecht. „Wer ohnehin mit Wirbelproblemen kämpft, und durch einen Auffahrunfall einen Bandscheibenvorfall erleidet, erhält weniger Geld als ein gesundes Opfer.“ Und jüngere Geschädigte bekommen oft mehr als ältere.

„Wie lange musste das Opfer in ärztlicher Behandlung bleiben, welche psychischen und sozialen Folgen gibt es?“, zählt Becker weitere Faktoren für die Schmerzensgeldhöhe auf. Auch Folgeschäden, wie eine Beeinträchtigung des Sehvermögens oder beim Gehen, spielen bei der Berechnung eine große Rolle. Bei Autounfällen übernimmt die Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers das Schmerzensgeld. Theoretisch können laut Kärger auch mehrere Unfallbeteiligte gegenüber den jeweils anderen Anspruch auf Entschädigung haben, wenn die Unfallschuld nicht allein bei einem Beteiligten liegt. Bei der Höhe orientiert sich der Versicherer vergleichbaren Fällen und Gerichtsurteilen. „Die Beträge für ein leichtes Schleudertrauma liegen bei etwa 100 Euro, bei einer Querschnittslähmung sind es mehrere hunderttausend Euro“, so Kärger. Einen Katalog mit Festsätzen gebe es nicht, sagt Stephan Schweda vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

„Wer nach einem Unfall merkt, dass er verletzt wurde, sollte dies möglichst direkt der Polizei vor Ort mitteilen“, empfiehlt Schweda. Vom Unfallverursacher lässt man sich die Versichertennummer geben und notiert dessen Kennzeichen – sofern man dazu in der Lage ist. Danach sollte das Opfer schnellstmöglich zum Arzt gehen und sich die Verletzungen attestieren lassen. „Dann kann man mit der Versicherung des Unfallverursachers Kontakt aufnehmen.“

Roman Becker ergänzt: „Wichtig ist auch, den Arbeitgeber darüber zu informieren, wenn man nach dem Unfall lange Zeit ausfällt.“ Die meisten seien verpflichtet, ein Unfallopfer weiter zu bezahlen und können das Entgelt von der Versicherung des Schädigers einfordern. „Der Geschädigte ist gegenüber der Versicherung nachweispflichtig“, betont Schweda. Er muss darstellen, wie schwer und langwierig seine Verletzungen waren oder noch sind. „Die Wunden daher früh fotografieren und ein Tagebuch führen“, empfiehlt Becker. Dabei sollte man genau notieren, welche Arbeiten und Hobbys man durch den Unfall nicht mehr ausüben kann oder wann die Schmerzen besonders stark sind. „Man muss ein detailliertes Bild präsentieren.“

Sind die Ansprüche des Opfers berechtigt, übernimmt die Kfz-Haftpflicht des Unfallverursachers auch Anwaltskosten, so Schweda. „Man sollte früh einen Anwalt für Verkehrsrecht konsultieren, gerade bei Abfindungserklärungen“, empfiehlt Kärger. Diese direkt angebotene Summe der Versicherungen sei oft höher als die Regelentschädigung. Damit würden meist aber auch Beeinträchtigungen abgegolten, die sich erst noch ergeben. Deshalb sollte man immer einen Arzt zu möglichen Folgeschäden befragen. „Im Wachstum können zum Beispiel Knochenbrüche unabsehbare Folgen für die Zukunft haben“, sagt Becker. Bei verletzten Kindern ist daher ein immaterieller Vorbehalt sinnvoll, der bei zukünftigen Beeinträchtigungen eine Entschädigung ermöglicht.