Der Briefumschlag klemmte hinter den moosbewachsenen Scheibenwischern des ausrangierten Bundeswehr-Bullis meiner Freundin. Eine Person namens C. hatte ihn dort hinterlassen. Beschrieben mit folgender Nachricht: "Würdest Du auch eine Waschmaschine transportieren heute 3 km hin und 3 km zurück so um 17.30 Uhr. Zahle auch etwas. Vom Teresenweg aus! Falls Interesse kontaktiere mich bitte unter 0176...". Das war doch mal ein erfrischend neuer Briefwechsel in Sachen Autokommunikation. Keine Plastikvisitenkarten mit der Aufschrift "Kaufe Autos aller Art" - ein Geschäftsmodell, das weder von der Verfasserin dieser Glosse noch besagter Freundin ernst genommen wird. Auch wenn unsere beiden Oldies bereits diverse Rostspuren aufweisen, so fahren wir die Autos doch aus tiefster Überzeugung. Und wenn wir sie mal verkaufen müssten, dann sicherlich nicht an jemanden, der "Autos aller Art" kauft. Denn die Amazone und der Bulli sind alles andere als das.

Doch zurück zum Brief. Meine Freundin rief die angegebene Telefonnummer nicht an. Hätte sie vielleicht, wenn die Hilfe suchende Person ihren Namen und nicht nur eines ihrer Initialen hinterlassen hätte. Das C. war ihr zu unpersönlich. Die Anfrage hingegen fanden wir beide sehr sympathisch, basiert sie doch auf einer oft in Vergessenheit geratenen Kultur des sich gegenseitig Unter-die-Arme-Greifens. Eine Kultur, die wie eine Gegenbewegung zu dem kalten, alles auffressenden Neoliberalismus agiert.

Und eine, auf die ich in letzter Zeit immer wieder treffe. Erst waren da die Studenten aus Friedrichshafen, die mit "DeinBus" ein Onlineportal für günstige Busreisen gründeten, das der Bahn mächtig Konkurrenz machte. Dann war da dieser passionierte Fischsammler, der die erste Mitfahrzentrale für Tiere ins Leben rief. Und auch die Hamburger lassen sich etwas einfallen. Neulich spazierte ich am Altonaer Balkon vorbei, als ich am Geländer einen Feldstecher an einer Kette baumeln sah. Er hing gleich neben dem kostenpflichtigen Fernrohr! Leider war er zwei Wochen später verschwunden, und ich entdeckte stattdessen ein DIN-A4-Blatt, auf dem stand: Spazierengehen als Kunstform, Kostenbeitrag 15 Euro.