Auszubildende bauten aus dem alten Kabinenroller ein hochmodernes Elektromobil - und zeigen so, was machbar ist.

Sie waren Stars auf der Automesse IAA: elektrische Kabinenroller wie der VW Nils und der Opel RAKe. Doch während die Autobosse noch rechnen, die Ingenieure weiter feilen und die Platzhirsche womöglich den Serienstart der Hightech-Seifenkisten vertrödeln, haben Auszubildende des Stromriesen RWE im Schulungszentrum Saffig am Fuß der Eifel längst Nägel mit Köpfen gemacht: Aus einem 50 Jahre alten Heinkel Kabinenroller hat ein Team von durchschnittlich 30 angehenden Betriebselektronikern in den letzten 18 Monaten ein elektrisches Hightech-Ei gebaut.

Auf den ersten Blick sieht die hellblaue Knutschkugel aus wie früher: Mit 2,50 Metern Länge, 1,37 Metern Breite und nur 1,32 Metern Höhe erinnert der Elektroflitzer an die frühen Fünfziger, als man mit solchen Gefährten sogar in den Urlaub gefahren ist. Doch wer die breite Vordertür öffnet, um das Lenkrad klettert und sich in die tiefe Sitzbank fallen lässt, landet in der Moderne: Es sieht nicht nur alles aus wie neu, sondern es ist tatsächlich auch kein Teil von früher übernommen worden. Nicht nur Sitze und Teppiche haben die Azubis ausgetauscht, sondern auch die Elektronik: Statt Tachowelle und Analog-Instrumenten gibt es jetzt einen CAN-Bus und einen Touchscreen, der fast so aufwendig programmiert ist wie ein iPad.

Die wichtigste Änderung sieht man allerdings im schlanken Heck des Dreirads: Wo früher ein 200 Kubik kleiner Einzylinder knatterte, surrt jetzt ein Elektromotor. Sein Lithium-Eisen-Phosphat-Akku anstelle der Rückbank reicht mit 36 Kilowattstunden für mindestens 50 Kilometer, verspricht Ausbildungsleiter Albert Heinen. Die Leistung blieb übrigens unverändert bei zehn PS: "Alles andere wäre Tuning gewesen und hätte Probleme beim TÜV gemacht." Natürlich ist jeder moderne Kleinstwagen stärker als die Kabine von 1961. Aber der elektrische Heinkel wiegt keine 300 Kilo und ist gar nicht so lahm, wie er aussieht: Wer mit so einer Knutschkugel tatsächlich Tempo 85 erreicht, dem bleibt fast die Spucke weg. Außerdem geht es Heinen gar nicht so sehr ums Tempo, sondern um den Beweis der Machbarkeit. Und um die gute Laune. Denn das elektrische Ei ist eine kleine Spaßgranate und bringt nach ein paar Metern selbst den übelsten Miesepeter zum Lachen.

Dieses Vergnügen werden allerdings nicht viele Menschen haben. Zwar hat das Original zum Ausschlachten nur 3000 Euro gekostet, und ein konventioneller Oldie mit Zweitaktmotor wäre in diesem Zustand mit 13 000 bis 15 000 Euro auch noch immer halbwegs bezahlbar. Aber das hellblaue Elektro-Ei gibt es nur einmal, sagt Heinen: "Das bleibt ein Einzelstück."