Eine Glosse von Daniela Pemöller

Neulich bin ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder mit der Hamburger S-Bahn gefahren. Der Vergaser meiner Amazone hustete so fürchterlich, dass ich ihm eine Gesundheitskur verschrieb. Den Firmen-BMW meines Freundes mag ich nicht mehr benutzen, seit ich neulich zwei Strafzettel in einer Stunde bekam. Außerdem reicht ein hübsches Porträtfoto pro Monat ja.

Früher bin ich in solchen Situationen gerne aufs Fahrrad umgesattelt. Doch mit Baby geht das nicht. Noch nicht. So stieg ich also in Altona in die S 1 Richtung Innenstadt. Neugierig tat ich, was alle tun, die nachmittags in der Bahn sitzen: Ich inspizierte die anderen Reisenden. Das letzte Mal entdeckte ich so Kult-Regisseur Detlev Buck, der ganz inkognito Richtung Kiez unterwegs war. Und obwohl ich ziemlich sicher war, dass er mich erkannt haben muss (schließlich saßen wir noch im letzten Jahr bei einer Rallye zusammen in einem extrem seltenen Porsche Beutler 696 Spezial Coupé), tat er so, als wüsste er von nichts und guckte stur in die andere Richtung.

Diesmal hockten in der Bahn nur die üblichen Verdächtigen, sodass ich zum Zeitvertreib die neuesten Nachrichten auf dem kleinen Bildschirm las. Dabei achtete ich gar nicht mehr auf die Haltestellen, an denen ich vorbeirauschte.

Irgendwann wollte ich dann aber doch sehen, wo ich nun eigentlich war und guckte auf die Anzeige am Ende des Abteils, auf der die nächste Station bekannt gegeben wird. "Elbgaustraße" leuchtete es in gelben Buchstaben. Oje!, schreckte ich hoch, bin ich etwa in der falschen Linie gelandet? "Next stop Altona", sagte die freundliche Stimme ganz international auf Englisch. Altona? Meine Verwirrung wuchs. Schlafwandele ich nun schon und steige um, ohne es mitzubekommen? Die alte Dame schräg gegenüber von mir wirkte genauso verloren wie ich. Als der Zug in den Bahnhof einfuhr und anhielt, freute ich mich. Immerhin, sage ich und denke dabei an das Bahn-Debakel in Wolfsburg, in Hamburg halten die Züge wenigstens. Wenn auch nicht da, wo sie es vorgaukeln: Auf den Tafeln am Bahnsteig prangte in großen Buchstaben das Wort "Jungfernstieg".