Der Land Rover Defender entspricht nicht mehr den EU-Anforderungen. Doch es gibt Hoffnung für die Allrad-Legende

Totgesagte leben länger. Viel länger sogar. Denn obwohl viele Kritiker dem Land Rover Defender schon vor 20 Jahren keine Zukunft mehr gegeben haben, gibt es den Klassiker unter den Kraxlern noch immer - und zwar schon seit 1948. Damals hat Rover-Chefentwickler Maurice Wilks mit der Arbeit an der englischen Antwort auf den Jeep begonnen und ein Konzept verwirklicht, das noch heute nahezu unverändert Bestand hat: Unverwüstlich und unerschütterlich, geräumig und so simpel, dass man ihn selbst im Urwald reparieren kann, hat der Defender erst die Buckelpisten und in den vergangenen Jahren sogar den Boulevard erobert. Und weil die Briten den Wagen immer genau so weit gepflegt und aktualisiert haben, dass ihm die Kunden treu und die Zulassungsstellen gewogen blieben, könnte die Geschichte ewig so weitergehen. Nicht umsonst gibt es zum neuen Modelljahr jetzt sogar noch einmal einen Euro5-tauglichen Motor.

2015 soll mit der Produktion des neuen Modells begonnen werden

Doch da haben die Briten die Rechnung ohne die EU gemacht. Weil sie von 2015 an so scharfe Anforderungen an den Fußgängerschutz stellt, dass die gesamte Konstruktion über den Haufen geworfen werden müsste, kapitulieren die Konstrukteure vor den Bürokraten und nehmen schweren Herzens Abschied von dem Dinosaurier.

Doch jedem Ende wohnt auch ein Anfang inne. Um den Fans von Marke und Modell die Angst um die Zukunft der Ikone zu nehmen, zeigen die Briten deshalb schon jetzt auf der IAA in Frankfurt eine Studie, die unter dem Titel DC100 einen Ausblick auf den Nachfolger der Allrad-Legende geben soll. Die ist an der kantigen Karosse, der wie eine halbe Muschelschale aufgesetzten Motorhaube, dem gelochten Kühlergrill und nicht zuletzt am großen Schriftzug auf den Flanken zweifelsfrei als Defender zu erkennen. Und wie beim Urmodell prangt das Ersatzrad wieder außen an der Hecktür. Doch mit angeschnittenen LED-Scheinwerfern, einem weißen Dach und ein paar stilistischen Anleihen an Skoda Yeti oder Toyota FJ Cruiser belegt die Studie auch, wie schwer die Arbeit an einem solchen Original ist. "Ein neues Modell dieser Ikone zu entwerfen ist eine der größten Herausforderungen in der Welt des Automobildesigns", sagt Designchef Gerry McGovern und unterstreicht vorsichtshalber schon mal, dass der DC100 kein seriennahes Konzept ist.

Das gilt insbesondere für die technischen Finessen der Studie: Einen zwei Liter großen Powerdiesel, die achtstufige ZF-Automatik samt Reduktionsgetriebe und die Option auf Spartechniken von Start-Stopp bis Hybrid sowie die abschaltbare Hinterachse nimmt man dem Wagen zwar ab. Doch Extras wie die ausfahrbaren Spikes für die wuchtigen 22-Zoll-Räder, die Seilwinde mit integriertem Sonarsystem, den elektronischen Geländescanner und die 360-Grad-Kamera gehören eher in einen Bond-Film als ins Serienauto.

Was den Defender des neuen Jahrtausends sonst noch alles ausmachen wird, das lassen die Briten bislang offen - wahrscheinlich, weil sie es selbst noch gar nicht so genau wissen. Immerhin lassen sie sich bis 2015 Zeit mit dem Produktionsbeginn und wollen bis dahin vor allem mit aktuellen und künftigen Kunden reden, um deren Wünsche und Erwartungen an den Neo-Klassiker herauszufinden. Ganz egal, wohin das führt, ist sich Markenchef John Edwards sicher: "Wir begeben uns auf eine aufregende Reise - und wir können es kaum erwarten loszulegen."