Elektrofahrräder werden immer beliebter. Doch nicht alle Modelle sind auch technisch auf der Höhe - zeigt ein Test

Wenn ein fröhlich pfeifender Rentner mit seinem Rad einen durchtrainierten Mountainbiker abhängt, geht das selten mit rechten Dingen zu. Das Geheimnis verbirgt sich in zwei kleinen Metallkästen. Darin stecken ein Elektromotor und Akkus. Längst haben Elektrofahrräder ihr Opa-Image abgelegt und befördern auch Banker mit Anzug und Krawatte ohne Schwitz-Attacke ins Büro. Doch noch sind nicht alle Modelle technisch perfekt - wie der jüngste Check der Stiftung Warentest und des ADAC zeigt.

Bei einer Probefahrt wird deutlich: Zuviel versprochen haben die Freunde der Elektromobilität auf zwei Rädern nicht: Wer auf einem E-Rad sitzt, fährt beim Treten wie mit eingebautem Rückenwind. Am schönen Fahrgefühl haben die Tester auch gar nichts auszusetzen. Es sind Material und Technik, die noch nicht bei allen Test-Modellen (untersucht wurden Trekking- und Komforträder) die notwendige Sicherheit garantieren. Beim Check schnitten von zwölf Rädern mit Zusatzmotor (Pedelecs) nur drei mit "gut" ab. Es handelt sich um die Modelle Kreidler Vitality Elite, Raleigh Leeds HS und Diamant Zouma Sport+. Sieben waren annehmbar, zwei Modelle fielen komplett durch (Ruhrwerk E-Bike und Pegasus E-Tour). Das ist ein durchwachsenes Ergebnis für Räder, die teilweise seit mehr als zehn Jahren gebaut werden.

Das Hauptproblem sind die Bremsen. Denn Elektrofahrräder wiegen mit bis zu 30 Kilogramm doppelt so viel wie herkömmliche Stahlrösser. Samt erwachsenem Fahrer kommen so bereits ohne Gepäck schnell mehr als 100 Kilogramm zusammen. Für Fahrradbremsen ohne Hydraulik ist das eine enorme Herausforderung.

Das Gewicht mag auch mit der Schwachstelle der mangelhaften Test-Kandidaten zusammenhängen: Sie bremsten nicht nur schlecht - bei einem brach sogar der Rahmen. Auch sonst offenbarten sich große Qualitätsunterschiede. Schwache Kandidaten kamen mit ihrem Akku gerade mal 25 Kilometer weit, gute an die 100. Manche Akkus ließen sich in zwei Stunden aufladen, andere erst nach acht bis neun. Wer aber mit leerem Akku stehen bleibt, braucht Muskeln wie ein Mountainbiker. Viele E-Räder sind schwer und reagieren träge. Auch die Kosten können abschrecken. Für gute Pedelecs zahlt man mehr als 2000 Euro.

Der Kaufpreis sagt aber nicht unbedingt etwas über die Qualität aus. Ein 900-Euro-Modell (Prophete Alu Rex) bekam beim Test die Note "befriedigend", eine 2000-Euro-Variante schnitt mit "mangelhaft" ab. Wichtig ist auch, sich vor dem Kauf über Führerschein- und Haftpflichtregelungen zu informieren. Pedelecs mit Anfahrhilfe gelten bereits als Kraftfahrzeug - auch wenn sie ohne Treten nur auf ganze sechs Stundenkilometer kommen.

Ein bisschen Übung kann auch nicht schaden. Eine Unfallstatistik zu Pedelecs gibt es zwar noch nicht. Der ADAC rät aber, Neuerwerbungen erst einmal auf einem Parkplatz auszuprobieren. Der plötzliche Schub ist ungewohnt und längst nicht jeder Radweg ist für doppeltes Tempo ausgelegt. Zum Helm wird unbedingt geraten.

Die jüngste Kritik der Berliner Warentester mag ein kleiner Dämpfer sein für den boomenden Elektrofahrradmarkt - aber auch ein Anreiz nachzurüsten. Denn Hightech-Fahrräder gelten als Branchenhoffnung. Kaum ein Hersteller und Großhändler, der sie nicht mittlerweile im Sortiment hat. Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands wurden im Jahr 2007 rund 70 000 Elektrofahrräder verkauft, 2010 waren es schon 200 000. Damit kommt Elektromobilität eher auf dem Fahrrad als im Auto daher.

Der Trend ist ungebremst: Der Marktanteil von Elektrorädern hat sich zwischen 2008 bis 2010 auf fünf Prozent verdoppelt. Kein anderes Radmodell hat beim Absatz einen solchen Sprung nach vorn gemacht. 15 Prozent seien in den nächsten Jahren drin, schätzt die Zweirad-Industrie. Damit kommen die Motortreter aber noch lange nicht an die beliebtesten Räder heran. Das sind herkömmliche sportliche Trekkingräder (35 Prozent) und bequeme Cityräder (25 Prozent). Rennmaschinen dagegen sanken zuletzt in der Gunst der Käufer.

Auf 69 Millionen Räder wird der Bestand in Deutschland geschätzt. Nach den Niederlanden gilt die Bundesrepublik als große Radfahrnation in Europa. In Städten mit verstopften Straßen könnten E-Räder eine Alternative zum Auto werden. Doch auch ein anderer Wirtschaftszweig hofft auf Zuwachs: die Tourismusbranche. Elektroräder zum Ausleihen gelten sowohl in windreichen Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern als auch bergigen Gegenden im Süden als zusätzliches Lockmittel für radelfreudige Gäste.