Eine Rückblende von Stefan Weißenborn

Die Automobilgeschichte hat viele urige Protagonisten: Da gab es das Eisenschwein, die Knutschkugel, das Kommissbrot, die Badewanne oder den Barockengel. Diese Spitznamen formulierte der Volksmund für die Autos der ukrainischen Marke Saporoschez und die Modelle BMW Isetta, Hanomag 2/10 PS, Ford Taunus 17M und BMW 501. Unvergessen auch der Hausfrauen-Porsche (Karmann Ghia), der Schneewittchensarg (Volvo P1800 ES) und die Ente (Citroën 2CV). Doch die Zeit der Kosenamen fürs rollende Blech scheint weitgehend abgeschlossen. Laut Experten sind es die schlichte Verwechselbarkeit und mangelnde Charakteristik der Fahrzeuge, die solche Bezeichnungen für Autos rar werden lassen.

Ein Auto, dem ein Spitzname verpasst wird, muss die Menschen reizen - entweder optisch, durch die verwendeten Materialien oder durch bescheidene Verhältnisse im Innenraum, wie bei der Isetta von BMW (1955 bis 1962). Der Zweisitzer mit der großen Fronttür erhielt wegen der nahezu ballförmigen Karosserie gleich zwei Beinamen: rollendes Ei und Knutschkugel. Letzteren wegen des notgedrungen kuscheligen Zusammenhockens im Innern. Haifischmaul hieß der Opel Olympia Rekord aus den 50ern wegen seines ovalen Kühlergrills: Er sah aus, als wolle er gleich zubeißen. Umbenannt wurden auch solche Autos, die keinen richtigen Namen hatten. Das Model T von Ford wurde so zur Tin Lizzy (Blechliesel), der T1 von VW zum Bulli.

Egal ob die Namen liebevoll gemeint waren oder despektierlich, verkaufsfördernd waren sie allemal. Nur die Hersteller erkannten dies nicht immer: "Den Namen Käfer hat man bei Volkswagen gemieden wie der Teufel das Weihwasser", berichtet VW-Classic-Chef Eberhard Kittler. "Er war einfach zu verniedlichend für ein Fahrzeug, das hierzulande in den 50er-Jahren fast 30 Prozent Marktanteil hatte." Später besann man sich und griff zumindest zur englischen Bezeichnung, als 1997 der New Beetle vorgestellt wurde.

Der spöttische Name Erdbeerkörbchen tat der Popularität des Golf Cabrio keinen Abbruch. Gleiches gilt für das Hängebauchschwein von BMW. Die Bezeichnung für den 1er finden die Bayern zwar "wenig schmeichelhaft", doch ebenso wenig Image schädigend. Den Namen handelte sich das Kompaktauto wegen seiner gewölbten Falte im Seitenblech ein. Eher ein Ladenhüter war dagegen der Fiat Multipla: Der Italo-Van wurde auch Fiat Ugly genannt. Wahrscheinlich, weil er wegen der höchst eigenwilligen Frontpartie vielen Betrachtern wohl tatsächlich zu hässlich war.