Beim Projekt “ACC InnoDrive“ senkt die Elektronik den Verbrauch, ohne dabei das Reisetempo zu verringern

Wenn Ingenieure wie Matthias Lederer auf den gemeinen Autofahrer zu sprechen kommen, dann haben sie von dem meist keine sonderlich gute Meinung. Denn während der "Energiemanager" aus dem Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach die Neuwagen des Sportwagenherstellers mit allen Kniffen auf Effizienz trimmt, macht der Mensch als schwächstes Glied in der Kette viele dieser Bemühungen wieder zunichte. Er gibt zuviel Gas, bremst zu früh ab, wechselt zur falschen Zeit in die falschen Gänge und verschwendet so jede Menge Sprit.

Geht es nach Lederer, ist damit allerdings bald Schluss. Denn ausgerechnet die Vollgasmarke Porsche will ihren Kunden den Bleifuß austreiben und arbeitet dafür an einem elektronischen Kopiloten mit weitreichenden Befugnissen. "ACC InnoDrive" heißt das Projekt, an dem viele Hoffnungen hängen: Schließlich soll der Verbrauch um etwa einen Liter sinken, ohne dass die für einen Porsche unverzichtbare Fahrdynamik auf der Strecke bleibt.

Dafür setzen die Entwickler auf eine Weiterentwicklung des Abstandsregeltempomaten ACC. Mithilfe von Radarsensoren hat er bislang vor allem auf der Autobahn das Tempo so geregelt, dass er dem Vordermann nicht zu dicht auf die Pelle gerückt ist. Für das Forschungsprojekt haben die Ingenieure dem System nun elektronisch zu mehr Weitblick verholfen und es mit der Navigation verknüpft. Gefüttert mit deutlich detaillierteren Daten und ausgestattet mit unbeschränktem Zugriff auf Gas, Bremse und Getriebe, kann er so den vorausschauenden Fahrstil pflegen, der Autofahrern immer gepredigt wird: Während der Mensch nur noch lenken muss, übernimmt er die Regie über das Tempo - und fährt deutlich sparsamer. Weil sein Weitblick bis zu fünf Kilometer reicht, sieht er rechtzeitig, wann es bergauf oder bergab geht. Er kennt Kurvenradien und Tempolimits, kann am Ortseingang sanft abbremsen und am Ortsende wieder beschleunigen. Und er weiß, wie lange das Auto auch im Leerlauf rollen kann, ohne dass es zur Spaßbremse wird.

Dass die Elektronik sparsamer fahren kann als der Mensch und man bei einer Testfahrt im 400 PS starken Panamera S den Schnitt im besten Fall um 1,8 Liter drückt, ist tendenziell keine echte Überraschung. Doch was dem PS-Profi zu schaffen macht, ist eine zweite Zahl auf dem Bordcomputer: das Durchschnittstempo. Denn obwohl sich der InnoDrive vor allem auf das Sparen konzentriert, ist das Auto in den Händen von Kollege Computer auch noch schneller unterwegs.

Wie schnell und wie sparsam der Wagen ist, ist abhängig von der Programmierung. Denn ähnlich, wie man heute mit einem Druck auf die Sporttaste den Charakter von Motorsteuerung, Getriebe, Gasannahme und Lenkung verändern kann, wollen die Ingenieure auch die ACC-Zukunft variabel gestalten. Es soll ein radikales Sparprogramm geben, das bis zum letzten Tropfen Sprit kämpft, ein Komfortprogramm für die entspannte Ausfahrt und ein Dynamikprogramm, an dem selbst PS-Fanatiker ihre Freude haben.

Je nach Präferenz beschleunigt und bremst der Testwagen dann vehementer, vor allem variiert er die Kurvengeschwindigkeiten: Wo er im Komfortmodus gelassen über die Landstraße gondelt, geht es in der Dynamik-Stufe so beherzt zur Sache, dass es einen kräftig in die Seitenwangen des Sessels wirft und man versucht ist, dem Zauber mit einem Tritt in die Pedale ein Ende zu machen. Denn natürlich ist die Elektronik so ausgelegt, dass der Fahrer jederzeit das Kommando übernehmen kann.

Das muss nicht nur aus rechtlichen Gründen so sein, sondern geht auch technisch noch nicht anders. Denn weil sich das ACC bislang nur auf den Radarsensor und die Navigationsdaten stützt, kann es weder auf kurzfristige Tempolimits noch auf Vorfahrtsregeln reagieren. Und Fußgänger oder andere plötzlich auftretende Hindernisse erkennt es auch nicht. Zwar wollen die Ingenieure dem System mit einer Kamera noch die Sinne schärfen. "Aber uns geht es nicht um den nächsten Schritt zum autonomen Fahren. Wir wollen den Menschen nur unterstützen und nicht entmündigen", sagt Fahrzeugentwickler Rolf Frech. ACC InnoDrive könnte schon bald in der Praxis verfügbar sein, stellt er in Aussicht. "Denn viel einfacher, schneller und wirkungsvoller können wir den Praxisverbrauch kaum senken."