Purismus statt Komfort, Frischluft statt Klimaanlage - eine überschaubare Nische exklusiver Roadster hat sich auf dem Markt etabliert.

Cabriofahren wird immer komfortabler: Bei Tempo 80 stellt sich das Windschott auf. Bei Temperaturen unter 25 Grad treten Sitzheizung und Nackenföhn ihren Dienst an. "Die Einschränkungen werden geringer", fasst Nick Margetts vom Marktbeobachter Jato Dynamics den Trend zu immer mehr Annehmlichkeiten im offenen Auto zusammen.

Doch gerade Puristen lehnen die jüngsten Komfort-Errungenschaften von Cabrio und Roadster ab. Sie nennen Autos wie den Mercedes SLK oder den offenen Golf abschätzig Cabrios für Warmduscher und suchen nach handfesten Alternativen. Die sind zwar selten geworden, und man findet sie kaum bei den Großserienherstellern. Doch vor allem aus England kommen noch immer ein paar Roadster für die radikaleren Frischluftfans.

Erste Adresse für solche Autos ist die Firma Morgan Motor Cars in Malvern, die ihr erstes Auto 1910 baute. Heute haben die Briten rund ein halbes Dutzend verschiedener Modelle im Angebot, die weitgehend in Handarbeit gefertigt werden. Mit neuen Motoren und einem Mindestmaß an Elektronik halbwegs auf der Höhe der Zeit, erfolgt die Konstruktion noch nach alter Väter Sitte: Der Rahmen ist dem Unternehmen zufolge aus Holz, die Karosserie wird aus Aluminium gebogen, die Innenausstattung ist aus Leder. Nur das Verdeck besteht mittlerweile aus PVC.

Die Palette beginnt beim 4/4-Sport mit einem 116-PS-Vierzylinder für gut 40 000 Euro und reicht bis hinauf zum Aero Supersports für rund 170 000 Euro. Dieser hat einen V8 mit 4,8 Liter Hubraum und 376 PS. Doch mit dem jüngsten Modell sucht Morgan mehr als zuvor seine Wurzeln: Der offene Threewheeler hat drei Räder und Platz für zwei Insassen. Schon zwischen 1910 und 1953 baute Morgen mehr als 30 000 solcher Zweisitzer. Die Neuinterpretation als Mischung aus Auto und Motorrad treibt ein Motor von Harley-Davidson an, der 115 PS leistet und 185 km/h ermöglicht. Rund 40 000 Euro kostet der Wagen.

Ähnlich alt ist die Grundkonstruktion des Super Seven, der 1957 von Lotus-Gründer Colin Chapman entwickelt wurde. Der Zweisitzer mit der charakteristischen Aluminium-Nase wird heute von Caterham in der Grafschaft Surrey (England) gebaut und wiegt noch immer keine 600 Kilogramm. Deshalb reichen ihm bereits 125 PS für eindrucksvolle Sprintwerte - das Basismodell ist in 5,9 Sekunden auf Tempo 100. Der Purismus hat auch mildernden Einfluss auf die Preise, die in Deutschland bei rund 30 000 Euro beginnen.

Leicht und luftig - das ist auch das Motto für den Lotus Elise aus Hethel. Auch sein Verdeck muss man noch in Handarbeit aufspannen, und niedrigen Temperaturen begegnet man besser mit Kleidung als der Klimaanlage. Dafür bietet der dank Aluminium-Konstruktion und minimalistischer Ausstattung weniger als 900 Kilo schwere und zwischen 136 und 220 PS starke Engländer auch Beschleunigungswerte wie ein Porsche. Die Preisliste für den Roadster beginnt bei 37 450 Euro.

"Kleinserienhersteller wie Morgan oder Caterham leben ganz gut in dieser Nische", weiß Experte Margetts zu berichten: "Würden sie konventionelle Roadster bauen, die sich an Modellen aus der Großserie messen lassen müssten, wäre das wahrscheinlich ihr Ende." Für die Massenhersteller gilt entgegen solchem Purismus: Ihre Autos könnten sie wohl kaum vermarkten, wenn sie nicht über ein Mindestmaß an Komfort und Luxus verfügten.

Bei Geländecabrios wie dem Jeep Wrangler oder dem Land Rover Defender nehmen die Kunden lästiges Verdecköffnen ebenso noch in Kauf wie flatternde Verdecke im Fahrtwind. Aber bei Sportwagen aus der Großserie wird ein gewisser Chic vorausgesetzt. Nicht umsonst waren konsequente, auf klassische Roadster-Qualitäten reduzierte Autos wie der Renault Sport Spider oder der Smart Crossblade wenig erfolgreich und wurden schnell wieder eingestellt.

Doch auch die Balance von Minimalismus und Annehmlichkeit kann zum Erfolg führen - zeigt das Beispiel Mazda MX-5. Zwar gibt es den Roadster längst auch mit Klimaanlage und Sitzheizung. Aber zumindest das Verdeck öffnet sich noch allein durch Muskelkraft. Das komme selbst beim verwöhnten Publikum bestens an, so die Japaner. Allein sein Erfolg spricht für den MX-5, den es schon seit 21 Jahren gibt. Mit mehr als 900 000 Fahrzeugen ist er der erfolgreichste Roadster der Welt.