Kinder müssen während der Autofahrt richtig angeschnallt sein. Gerade auf Kurzstrecken wird das oft vernachlässigt

Egal wohin die Autofahrt mit Nachwuchs an Bord geht, ob nur kurz zum Kindergarten oder in den Familienurlaub: Kindersitze sind Pflicht. Und zwar für alle Passagiere unter zwölf Jahren, die kleiner als 1,50 Meter sind. Das wissen die meisten Eltern. Dennoch halten sich nicht alle daran.

Gerade auf kurzen Strecken wird die Sicherheit der Kleinen oft vernachlässigt: Ein Nachbarskind nach der Schule spontan mitzunehmen, obwohl ein Kindersitz fehlt, ist nett gemeint - aber verantwortungslos. "Unzureichend gesicherte Kinder haben ein siebenmal höheres Risiko, im Auto schwer verletzt oder getötet zu werden", warnt Andreas Bergmeier vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) unvorsichtige Mütter und Väter. Dazu reicht ein vermeintlich harmloser Auffahrunfall aus. "Bei dem Aufprall rutschen Kinder, die nur mit einem Erwachsenengurt angeschnallt sind, nach unten durch den Beckengurt hindurch. Dieser schneidet sich in den Bauch ein und kann schwere innere Verletzungen verursachen", erklärt er. Eine simple Sitzerhöhung ohne Rückenlehne und Kopfstütze macht die Sache nicht sicherer, weil der Seitenhalt fehlt, betont Bergmeier. Zu einem Kindersitz gebe es keine Alternative.

Das passende Exemplar zu finden, ist schwierig: Eltern müssen sich in einem kaum zu überblickenden Angebot zurechtfinden. Zur ersten Orientierung hilft es, das Kind zu wiegen. Denn die Rückhaltesysteme sind in vier Körpergewichtsklassen unterteilt - von Babyschalen (Gruppe 0+), in denen die Jüngsten rückwärtsgerichtet und halb liegend mitfahren, über Sitze für Kleinkinder (I) bis hin zu Systemen für Kindergarten- und Schulkinder (II und III). Das jeweils maximal zulässige Körpergewicht ist auf dem ECE-Prüfzeichen am Sitz angegeben. Dieses amtliche Siegel verrät auch, ob ein Kindersitz veraltet ist: "Seit April 2008 dürfen nur noch Systeme verwendet werden, die die ECE-Norm 44/03 oder 44/04 erfüllen", erläutert Jan Schepmann vom TÜV-Verband. Allerdings gibt es auch bei den aktuellen Modellen erhebliche Qualitätsunterschiede. DVR-Experte Bergmeier empfiehlt deshalb, aktuelle Testergebnisse der Verbraucherschutzorganisationen und Verkehrsklubs zu vergleichen.

Gekauft wird ein Kindersitz am besten im Fachhandel - und nicht gebraucht auf dem Flohmarkt. Systeme aus zweiter Hand mögen gepflegt aussehen, bieten aber unter Umständen nicht den gewünschten Schutz. "Ein Kindersitz kann durch einen Unfall in seiner Struktur beschädigt sein, was nicht immer sichtbar ist", sagt Lothar Wech vom TÜV Süd. Viele Händler erlauben ihren Kunden, die Neuware vor Ort auszuprobieren. Das erleichtert die Kaufentscheidung: Die Kinder können Probe sitzen und die Eltern auf dem Parkplatz testen, ob der Sitz in ihren Wagen passt. "Dabei stellt sich schnell heraus, ob ein Modell zum Beispiel bei einem Dreitürer nur schwer auf die Rückbank zu bekommen oder insgesamt zu voluminös ist", erklärt Schepmann den Sinn der Aktion.

Ganz wichtig: Ein Kindersitz muss exakt nach Herstellervorgabe im Auto befestigt werden - entweder mit einem der vorhandenen Dreipunktgurte oder mit Isofix. Diese Halterung empfehlen Experten, weil sie fest mit der Karosserie verbunden ist und Einbaufehler praktisch ausgeschlossen sind. Doch nicht jeder Wagen verfügt über dieses Verankerungssystem. Außerdem sind die meisten Isofix-Sitze nur für bestimmte Fahrzeugmodelle zugelassen - deshalb vor dem Kauf in die Einbauanleitung schauen. Selbst der beste Kindersitz nützt wenig, wenn er nicht fest oder an falscher Stelle im Auto montiert wird. Eine Babyschale oder einen Kleinkindersitz entgegen der Fahrtrichtung auf dem Beifahrersitz einzubauen, ohne den dortigen Airbag abzuschalten, zählt zu den schwerwiegendsten Fehlern: Löst der Luftsack aus, schlägt er gegen die Schale und bringt dabei das Baby in Lebensgefahr. "Unter anderem deshalb empfehlen wir, Babyschalen rechts auf der Rückbank zu montieren", sagt Andreas Ratzek vom ADAC Technik Zentrum. Außerdem lasse sich der Nachwuchs dort gefahrlos vom Gehweg aus im Wagen unterbringen, und er lenke den Fahrer unterwegs nicht so stark ab.

Auch vorwärtsgerichtete Sitzsysteme für ältere Kinder sind laut Ratzek am besten rechts im Fond aufgehoben. Sollten sie doch einmal vorne im Wagen eingebaut werden, müssen die Bedienungsanleitungen von Fahrzeug und Kindersitz gelesen werden, um zu prüfen, ob dies überhaupt zulässig ist und was dabei beachtet werden muss, so der ADAC-Experte. Meist könne der Airbag aktiviert bleiben, wenn der Beifahrersitz so weit wie möglich in Richtung Rückbank geschoben wird.

Wie die Großen sollen natürlich auch die Kinder möglichst bequem im Auto reisen. Zu viel Bewegungsfreiheit dürfen sie aber nicht haben: Zwischen Sitzgurten und dem Körper des Kindes sollte nicht mehr als eine Handbreit Luft bleiben, sagt Ratzek. "Liegen die Gurte lockerer an, wird der Körper bei einer Kollision erst nach vorne geschleudert, dann abrupt abgebremst - und dadurch extrem belastet. Womöglich prallt sogar der Kopf gegen die Rückenlehne des Vordersitzes." Beim Anschnallen unbedingt daran denken, dass gerade im Winter auch dicke Jacken oder Pullover die Schutzwirkung der Gurte mindern.

Der Gesetzgeber kennt beim Thema Anschnallpflicht kein Pardon: Wer Kinder im Auto nicht vorschriftsmäßig sichert, muss bei einer Polizeikontrolle zahlen. Der Bußgeldkatalog sieht für den Fahrer mindestens 40 Euro Strafe und einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei vor. Bei mehreren ungesicherten Kindern im Wagen sind 50 Euro fällig - plus ein Punkt.