Auf dem Genfer Autosalon zeigt Volkswagen eine kompakte Bulli-Studie. Bei entsprechender Resonanz könnte der Wagen 2014 in Serie gehen

Da spart VW nicht mit Selbstkritik: "Manche Visionen müssen reifen, bis aus ihnen etwas neues Entstehen kann", räumen die Wolfsburger ein. Mitunter sogar ziemlich genau zehn Jahre. Denn fast exakt ein Jahrzehnt nach der Premiere der gescheiterten Studie "Microbus" enthüllen die Niedersachsen nun auf dem Genfer Autosalon wieder eine Neuinterpretation des legendären Bullis, der erst das Wirtschaftswunder mobil gemacht und dann die Hippies ans Ziel ihrer Träu-me gebracht hat. Kompakter und erschwinglicher als noch vor zehn Jahren hat der neue Entwurf deshalb im zweiten Anlauf alle Chancen, tatsächlich in Serie zu gehen. 2014, so wird hinter vorgehaltener Hand geflüstert, könnte es so weit sein.

Im Gegensatz zum ersten Microbus ist der Bulli 2.0 nicht als Zwilling des Touran oder Ersatz für den Sharan entworfen. Er büßt nämlich einen knappen Meter ein und landet mit 3,99 Metern in einem Segment, in dem VW gegen Autos wie den Opel Meriva oder den kommenden Ford B-Max bislang nicht punkten kann. Dabei setzen die Niedersachsen allerdings nicht nur auf das augenzwinkernde Design, das zwar mit der Zweifarblackierung und dem großen V auf der Haube das Original aus den Fünfzigern zitiert, aber trotzdem alles andere als ein Retroauto ist. Zusätzlich wollen sie auch mit einem ungewöhnlich großzügigen Raumangebot überzeugen: Wie der erste Transporter aus Wolfsburg hat der neue Bulli deshalb vorn eine durchgehende Sitzreihe und bietet damit Platz für sechs Personen. Diese Konstruktion hat noch einen weiteren Vorteil: Legt man beide Bänke um, bekommt man eine völlig ebene Liegefläche, die je nach persönlicher Biografie an den Italienurlaub mit den Eltern oder den Sommer der Liebe mit der Kommune erinnert. Natürlich kann man auch nur die hintere Bank umlegen und so den Laderaum von ordentlichen 370 auf üppige 1600 Liter steigern.

Wie immer bei Studien haben die Designer auch beim Bulli ein wenig weiter gedacht, als es die strengen Kostenrechner in der Serie zulassen werden. Statt einer normalen Schaltereinheit für Klima, Radio und Navigation prangt in der Mittelkonsole deshalb ein voll integriertes iPad, das zur zentralen Bedienschnittstelle für den Wagen wird. Lediglich eine Handvoll Anzeigen gibt es noch im minimalistischen Cockpit. Auf einen Drehzahlmesser konnte man getrost verzichten - er wird bei einem Elektroauto nicht benötigt. Das Gleiche gilt auch für den Schalthebel: Stattdessen wird über einen Drehschalter im Cockpit der Vor- oder Rückwärtsgang aktiviert.

Ebenso visionär ist der Antrieb der Studie: Weil Genf eine "grüne" Messe ist und alle Welt wie elektrisiert durch die Hallen läuft, fährt natürlich auch der Bulli mit Strom: Ein 115 PS starker Motor an der Vorderachse bringt ihn in 11,5 Sekunden auf Tempo 100, erreicht elektronisch limitierte 140 km/h und kommt mit dem Strom der Lithium-Ionen-Akkus im doppelten Boden des Bullis immerhin 300 Kilometer weit.

Das ist zwar mit Blick auf die vollen Innenstädte von Hamburg, Berlin oder München und die sonnigen Strände von Kalifornien eine schöne Vorstellung. Doch könnten die hohen Batteriepreise und die limitierte Infrastruktur dem Comeback des Bullis auch schnell wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Deshalb will sich VW lieber nicht auf die Elektrotechnik festlegen. Stattdessen schreiben die Niedersachsen vorsichtshalber schon mal in den Begleittext, dass unter die Haube natürlich auch moderne Benzin- oder Diesel-Direkteinspritzer mit 1,0 oder 1,4 Liter Hubraum passen. Daran jedenfalls sollte das Comeback eines Lebensgefühls nicht scheitern.

Ohne den niederländischen Volkswagen-Importeur Ben Pon wäre es vermutlich nie zum mittlerweile legendären Ur-Bulli T1 und damit auch nicht zur neuen Bulli-Studie in Genf gekommen. Denn Pon war es, der am 23. April 1947 in sein Notizbuch einen kompakten Bus zeichnete. Eigentlich hatte der Niederländer eher die simple Silhouette eines stark verkürzten Linienbusses über den Radstand eines Käfers gestülpt und in das Heck ein "m" für den Motor gemalt. Damit war der weltweit erste Van geboren. Die Volkswagen-Designer formten wenig später aus der Skizze den Bus, der mit dem charakteristischen "V" in der Front zur automobilen Ikone wurde.