Wissenschaftlern ist es gelungen, die Gehirnströme des Fahrers in Bewegungsbefehle umzusetzen

Ein Auto mit der puren Kraft der Gedanken steuern - dies ist ab sofort keine Science-Fiction-Fantasie mehr. Die Vision vom freihändigen Fahren ohne manuelle Eingriffe haben jetzt nämlich Informatiker vom Innovationslabor Autonomos der Freien Universität (FU) Berlin in die Tat umgesetzt. Dabei greifen sie auf handelsübliche Sensoren zur Messung von Gehirnströmen zurück, wie sie von Ärzten im Rahmen von Elektroenzephalogrammen (EEG) beispielsweise zur Behandlung von Epilepsie oder Schlafstörungen benutzt werden.

Mit ihrer Hilfe haben die Wissenschaftler bei einer Testperson gemessen, welche bioelektrischen Wellenmuster im Hirn für Steuerbefehle wie "links", "rechts", "beschleunigen" oder "bremsen" unterschieden werden können. Auf diese Signale haben sie einen Computer trainiert. Dadurch ist es den Forschern gelungen, eine Schnittstelle zu entwickeln, um die Sensoren an ein normalerweise rein computergesteuertes Fahrzeug anzubinden. Dazu hat ein Testfahrer im Labor diverse Bewegungsbefehle an ein rein virtuelles Objekt erteilt, wobei der Computer die dabei auftretenden Gehirnwellenmuster aufgezeichnet hat. Auf diese Weise hat der Rechner "gelernt", welches der Muster beispielsweise für Richtungsänderungen im Straßenverkehr typisch ist. In einem zweiten Schritt haben die Wissenschaftler diese Befehle mit Gas, Bremse und Kupplung des Autos gekoppelt. Dieses kann nunmehr allein durch menschliche Gedankenkraft gesteuert werden. Sollte das neue Lenkprinzip eines Tages Serienreife erlangen, könnten das freihändige Fahren beispielsweise körperbehinderten Autofahrern zugute kommen.

In der Praxis getestet haben die Berliner Forscher das rein gedankengestützte Fahren in den zurückliegenden Monaten auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Mit Erfolg: "Bei unseren Testfahrten konnte ein mit EEG-Sensoren ausgestatteter Fahrer das Auto problemlos kontrollieren - es gab lediglich eine leichte Verzögerung zwischen den angedachten Befehlen und der Reaktion des Autos", berichtet Professor Raúl Rojas, der Leiter des Projektes an der FU Berlin. Bei einer zweiten Testreihe fuhr das Auto weitgehend automatisch - der Fahrer konnte jedoch über die EEG-Sensoren an Kreuzungen die gewünschte Abbiegerichtung vorgeben.

Nur auf die Frage "Wohin steuert das Auto bei Fahrern mit ausgeprägter Rechts-Links-Schwäche?" können die findigen Forscher bisher noch keine Antwort geben. Aber sie denken schon intensiv darüber nach. Und einen Haken habe das Prinzip allerdings, mussten die Experten einräumen: Unterwegs sollte der Fahrer nicht "mit den Gedanken abschweifen".