Wegen scharfer Abgasnormen muss der Kraftstoff optimiert werden. Selbstzünder könnten deshalb teurer werden

Noch ist der Antrieb per Brennstoffzelle nicht massentauglich und das Problem der geringen Reichweite bei Elektroautos nicht gelöst. Und noch ist der Diesel der meistverkaufte Kraftstoff in Deutschland. Noch. Denn schon 2014 muss er wegen der Abgasnorm Euro 6 deutlich umweltverträglicher werden als bislang. Soll der Dieselantrieb auch für kleinere Autos bezahlbar bleiben, führt kaum ein Weg an einer Veränderung des Kraftstoffs vorbei.

Eine stetige Verbesserung der Technik zur Senkung der Emissionswerte allein wird nicht reichen, da bereits bei der Norm Euro 5 die Abgasnachbehandlung im Gegensatz zum Benziner äußerst aufwendig ist. Schon heute kostet eine Dieselmotorisierung um die 2000 Euro Aufpreis. Dieses Verhältnis droht künftig noch größer zu werden. Deshalb müsse "viel mehr Aufwand in das Design des Kraftstoffs selbst gesteckt werden", sagt Jürgen Krahl von der Hochschule Coburg. Dort erforscht man derzeit einen "Diesel regenerativ" genannten Kraftstoff, der aktuell auf der Grünen Woche in Berlin vorgestellt wird.

In einem noch bis Juni andauernden Test untersuchen Professor Krahl und das Technologietransferzentrum Automotive in Coburg (TAC), ob der neue Dieselkraftstoff in zwei Bereichen Verbesserungen bringt: Produziert er weniger Ruß? Und: Sind die Emissionen unter realistischen Bedingungen wirklich geringer als beim herkömmlichen Diesel?

Wie wichtig die Lösung solcher Fragen ist, zeigen die Zahlen des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV): Seit zehn Jahren hat sich das Verhältnis zwischen Benzin und Dieselkraftstoff umgekehrt. 2000 wurde erstmals in Deutschland mehr Diesel als Ottokraftstoff abgesetzt. 2010 klaffte das Verhältnis (38,2 zu 26,5 Milliarden Liter) bereits deutlich auseinander. Mit der stärkeren Nachfrage stieg aber auch die Beschaffungsproblematik: Denn bei der heutigen Auslegung der Raffinerien kann nicht mehr als 29 Prozent Diesel aus Rohöl gewonnen werden.

Hinzu kommt das 2006 vom Bundestag verabschiedete "Biokraftstoffquotengesetz". Dieses verlangt die Mischung von regenerativen zu konventionellen Kraftstoffen. Beim Diesel ist mit sieben Prozent Biodiesel die Grenze erreicht, was Motoren vertragen können. Deshalb mussten die Konzerne zum Ausgleich beim Benzin den Anteil vom Ethanol von 50 Millilitern pro Liter auf 100 Milliliter (E10) erhöhen.

"Wird die Gesamtquote beim Absatz der beigemischten Biokraftstoffe nicht erreicht, muss die Wirtschaft eine Strafe von 40 Cent pro fehlendem Liter Ethanol an den Staat zahlen", erläutert Karin Retzlaff vom MWV. 2010 hätte das eine Strafe von 530 Millionen Euro bedeutet. Auch hier würde es helfen, wenn Biodiesel verträglicher würde.

Der "Diesel regenerativ" bietet so eine Möglichkeit. Denn er ist in beliebigem Verhältnis mit dem herkömmlichen Diesel mischbar. Und er hat nicht das Problem des Biodiesels, der in höheren Beimischungen in seiner aktuellen Auslegung zum Dieselpartikelfilter inkompatibel ist. Beim Partikelfilter müssen regelmäßig die Rußrückstände verbrannt werden, damit er wieder arbeiten kann. Dafür wird in einen oder mehrere Zylinder nach der Verbrennung zusätzlicher Kraftstoff eingespritzt. Dieser gelangt nun in den Abgastrakt, wo er am Partikelfilter entzündet wird und den Ruß verbrennt.

Ein Teil des unverbrannten Kraftstoffes läuft aber an der Zylinderinnenwand auch ins Motoröl, das der Biodiesel zunächst verdünnt, bevor es vom Zusammenspiel der "reaktiven chemischen Gruppen" des Biodiesels verdickt wird. Beides ist schlecht für den Motor, weshalb die Ölwechselintervalle der Autos seit Einführung von Filter und Biodiesel herabgesetzt wurden.

Der neue "Diesel regenerativ" basiert zwar wie auch der Biodiesel auf Rapsöl, wird aber im Gegensatz dazu mit Wasserstoff behandelt. Noch ist das Coburger Projekt und die Versuchsreihe mit Autos von VW nicht abgeschlossen, doch schon jetzt geht man im VW-Konzern davon aus, "dass sich die Serviceintervalle der Fahrzeuge beim Einsatz von hydriertem Rapsöl verlängern lassen", sagt Jens Hader, Leiter der Aggregate-Entwicklung.

Dazu könnte auch ein anderer Weg beitragen, der vom Karlsruher Institute of Technology (KIT) und Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) verfolgt wird. Beide Einrichtungen untersuchen mit dem Coburger Steinbeis-Institut die Möglichkeit, die Siedelinie des Biodiesels abzusenken, damit er im Brennraum von Motoren einfacher verdampft und dem Diesel ähnlicher wird. "Möglich wird das durch die sogenannte Metathese-Reaktion, mit deren Hilfe die Moleküle des Biodiesels durch Kettenverkürzung kleiner werden", beschreibt Axel Munack, Professor am vTI, diesen Prozess. Doch unabhängig, ob dieser Kraftstoff hydriert oder in der Siedelinie geändert wird, um eines kommt der Biodiesel der zweiten Generation nicht herum: um ein neues Design.