Eine Glosse von Daniela Pemöller

Hamburg. Er kam sich wahrscheinlich unglaublich clever vor, der große Unbekannte. Vielleicht hielt er sich aber auch einfach nur an die Worte von Giacomo Casanova, der einst gesagt haben soll: "Ich sah, dass man oft, um zur Wahrheit zu gelangen, mit einer Täuschung beginnen muss." Getäuscht und auf jeden Fall enttäuscht fühlte sich letzten Endes meine Freundin. Was war geschehen? In der dunklen, dichten Parkplatzhölle von Ottensen hatte sie nach einem harten Arbeitstag endlich einen freien, legalen Fleck für ihren VW Golf gefunden. Doch beim Einparken - na sagen wir mal - touchierte sie versehentlich ein fremdes Auto. Ist nicht schön, kann aber passieren. Auf den ersten Blick waren keine größeren Schäden erkennbar.

Meine Freundin tat trotzdem, was wohl nur die wenigsten in Hamburg getan hätten - auch wenn es das Gesetz verlangt: Sie rief die Polizei und schilderte den Fall. Binnen weniger Minuten vermittelten ihr unsere Freunde und Helfer die Telefonnummer des Halters, und kurze Zeit später beichtete sie dem Mann von ihrem Malheur. Sofort kam der Geschädigte zum Ort des Geschehens. Überschwänglich bedankte er sich bei meiner Freundin für ihre Fairness und ihren Anstand in dieser Angelegenheit.

Sie, im Gegenzug, nickte verständnisvoll und forderte ihn lächelnd zu selbigem Verhalten auf. Sie bat ihn, sein Wägelchen doch bitte nicht auf ihre Kosten grundsanieren zu lassen. Schließlich sei, außer einiger leichter Schrammen, ja auch gar nichts passiert. Mit den Worten "sicher, sicher" im Ohr und dem guten Gefühl im Bauch, einen bescheidenen Tag doch noch halbwegs optimistisch beenden zu können, ging sie heim.

Zehn Tage später folgte die Ernüchterung in Form einer Rechnung. Die Werkstatt des Beaus forderte 1000 Euro. Wegen der Beule hinter den Kratzern. Welche Beule, fragte sich meine Freundin verblüfft. Sie reichte aber trotzdem brav die Rechnung bei ihrer Versicherung ein.

Ich frage mich: Wer wird die Beule am Vertrauen meiner Freundin bezahlen? Der unbekannte Verursacher, so viel steht fest, jedenfalls nicht.