Eine Glosse von Daniela Pemöller

Hamburg. Manchmal ist das Leben wie ein Film. Meiner lief, als Sarrazins wilde Thesen die Nachrichten dominierten und war eine Art Fortsetzung von Jim Jarmuschs legendärem Taxi-Streifen "Night on Earth". In dieser "Hamburg Episode" regnete es in Strömen. Ein anstrengender Tag in Kopenhagen lag hinter mir, und ich wollte nur schnell mit dem Taxi vom Flughafen zu einem Freund.

"Clemens-Schultz-Straße, bitte", sagte ich, als ich ins Taxi stieg. "Sankt Pauli", half ich dem fragenden Blick des Fahrers auf die Sprünge. Dann zückte ich mein Handy und rief eine Kollegin zurück, die ich vorher hatte abwimmeln müssen, da mein Flieger drängelte. Es ging um Jobgeschichten und die Neuigkeiten des Tages.

Wir konnten gerade mal drei Sätze austauschen, als plötzlich ein muslimischer Gebetsgesang über die Lautsprecherboxen jede weitere Kommunikation unmöglich machte. Höflich bat ich den Taxifahrer, ob er die "Musik" nicht ein wenig leiser drehen könne, da ich mein eigenes Wort nicht mehr verstand. Er schüttelte den Kopf und konterte, er fühle sich durch mein Telefonat gestört. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Ein verbaler Schlagabtausch folgte, der darin endete, dass ich seinen Namen und die Nummer seines Chefs verlangte. "Ich fahre. Sprechen Sie nicht mit mir", kam die Antwort prompt. Als er herausfand, dass ich auch noch Journalistin bin, fühlte er sich erpresst und drohte mit der Polizei. Ich sagte: "Gerne, aber schnallen Sie sich vorher an." Er sagte: "Brauch ich nicht." Womit er, wie ich später herausfand, recht hatte. Denn wenn er eine Person befördert, muss er sich nicht anschnallen.

Ich versuchte zu verstehen, was hier eigentlich los ist. Erinnerungsfetzen rekapitulierten eine Collage in meinem Kopf, die mir ähnlich wirr schien wie Sarrazins Migrationspolitik. Provozierte ich, weil ich eine Frau war und ein kurzes Blümchenkleid trug? Weil ich nach St. Pauli wollte und das Wort "Puff" scherzhaft für den Verlag benutzte, als ich meine Kollegin am Telefon nach den Tagesneuheiten fragte?

Lieber Tarek, ich kann nur hoffen, dass du einen schlechten Tag hattest.