Ein Unternehmen in Niedersachsen versorgt Besitzer französischer Oldtimer in aller Welt mit Ersatzteilen

Der Franzose gilt als Genießer und Freund schöner Dinge. Ein solcher ist auch Ansgar Olberding. Der 44-Jährige aus Vechta ist allerdings kein Franzose, er spricht nicht einmal Französisch. Und doch nennt er sich so. Das Bindeglied zwischen dem Mann aus der niedersächsischen Kleinstadt und der "Grande Nation" sind Autos. Olberdings Unternehmen "Der Franzose Automobiltechnik GmbH" beliefert die ganze Welt mit Ersatzteilen für französische Oldtimer.

Ob Vietnam, Tunesien oder eben Frankreich: Wenn irgendwo auf dem Globus ein 2CV von Citroën ("Ente") oder ein R4 von Renault Macken hat, ist "Der Franzose" oftmals der erste Ansprechpartner. Das Internet macht es möglich. 14 000 Ersatzteile hat Olberdings Firma auf Lager. 45 000 Pakete werden pro Jahr an die Kunden verschickt. "Was ich verkaufe, braucht eigentlich kein Mensch. Es sind reine Luxusartikel", sagt der gelernte Kfz-Mechaniker, Medizintechniker und Einzelhandelskaufmann. Und doch hat er Abnehmer in 170 Ländern. "Viele meiner Kunden sind über 40 und noch älter. Sie kaufen sich ein Stück Jugenderinnerung", weiß der 44-Jährige. Anders ausgedrückt: Die Studenten von einst sind erwachsen geworden. Und sie haben es als Akademiker zu einem gewissen Wohlstand gebracht.

Folglich muss nicht jedes Geldstück dreimal umgedreht werden, ehe es in automobile Geschichte investiert wird. Oder sie sind Scheich in Dubai und fahren einmal im Jahr nach Vechta, um sich persönlich mit Nachschub für die einstigen Arme-Leute-Autos einzudecken. Nicht umsonst verfügt der 2CV laut einer aktuellen Erhebung über den stärksten Wertzuwachs aller Oldtimer - weit vor dem Porsche 911 oder dem Mercedes-Benz 300 SL.

"Meine Kunden wollen es perfekt haben: pünktlich, verlässlich und schnell." Genau das kann Olberding bieten. In seinem Lager läuft alles elektronisch - inklusive Barcodes, Wegeoptimierung und vollchaotischem System. Letzteres hat wenig mit seiner Bezeichnung gemein. Der Fachbegriff beschreibt die beste Ausnutzung vorhandener Lagerflächen. Denn die Zettelwirtschaft wurde bei Olberding schon lange abgeschafft. Um noch die kleinste Schraube des "Wellblech-Garage" genannten Citroën-Transporters HY oder eine spezielle Gummidichtung der legendären Ente stets vorrätig zu haben, kauft Olberding europaweit Lagerbestände von Händlern auf, die in Konkurs gegangen sind. Wenn auch das nicht reicht, lässt er die gewünschten Artikel bei Zulieferern herstellen. Dabei handelt es sich um 2500 Ersatzteile - vom Blech über die Benzinpumpe bis zum kompletten Fahrgestell.

All das führt dazu, dass selbst die Franzosen lieber in Vechta bestellen als beim kleinen Garagenbetrieb vor Ort. Dabei hat Olberdings Unternehmen seinen Ursprung selbst in einer Garage. Als er 18 war, bekam er seine erste Ente, bastelte sich daraus ein Cabriolet, schraubte auch an anderen Autos herum und machte sich 1993 damit selbstständig. Damit die Franzosen auch wirklich bei der Stange bleiben, hat Olberding jetzt eine Niederlassung in Paris eröffnet und zwei Französisch sprechende Mitarbeiter eingestellt.

Mittlerweile sind aber nicht nur die französischen Oldtimerfahrer, sondern auch die dortigen Automobilhersteller auf den Vechtaer aufmerksam geworden. So zählen allein 400 offizielle Citroën-Werkstätten zu Olberdings Kunden. In Kooperation mit Renault lässt er G-Katalysatoren für Klassiker wie R4, R5 oder R11 herstellen, damit die alten Franzosen die neuen deutschen Feinstaub-Richtlinien erfüllen und mit grüner Plakette an Bord nicht vor den Stadttoren von Hannover oder Frankfurt Halt machen müssen.