Der Dreizylinder wird salonfähig. Immer mehr Hersteller von Kleinwagen reduzieren den Hubraum ihrer Aggregate

Stammtischbrüder müssen umdenken. Denn die alte Parole, wonach Hubraum durch nichts zu ersetzen sei, außer durch noch mehr Hubraum, gilt so nicht mehr. Seit die Ingenieure das sogenannte Downsizing entdeckt haben, leiden die neuen Motoren an der Schwindsucht und werden immer kleiner. Direkteinspritzung und Turboaufladung gleichen den fehlenden Hubraum aus und sorgen für mehr Leistung bei reduziertem Verbrauch.

Dieser Trend ist nicht neu. Doch hatten die Entwickler bislang nur am Volumen der Zylinder gespart, rationalisieren sie jetzt komplette Brennkammern weg. Vor allem bei Kleinwagen, bei denen der Komfortanspruch niedriger und der Kostendruck höher ist, halten jetzt Dreizylindermotoren Einzug. Doch damit nicht genug: Mit dem Fiat 500 kommt in Kürze der erste Zweizylinder zurück. Und zumindest in Forschungsfahrzeugen experimentieren die Entwickler sogar mit Einzylindern.

Vorreiter beim Verzicht ist der Fiat-Konzern, der im 500er das Comeback des Zweizylinders feiert. Mit dem Original aus den 1950er-Jahren, das aus 0,5 Liter Hubraum gerade einmal 18 PS schöpfte, hat der neue Hightech-Motor bis auf die Zahl der Zylinder natürlich nichts mehr gemein. "Der auf nur 875 Kubikzentimeter reduzierte Hubraum ist ein Paradebeispiel für das Downsizing, also die Verwendung kleinerer Motoren mit weniger innerer Reibung", erläutert Fiat-Sprecher Thomas Kern. Ein Turbolader sorgt für ein Leistungs- und Drehmomentniveau, wie man es von Vierzylindern kennt. Außerdem ermögliche der Verzicht auf die Einlassnockenwelle eine völlig variable Ventilsteuerung. Das sorgt laut Kern für zehn Prozent mehr Leistung, ein Drehmomentplus von 15 Prozent und 10 Prozent weniger Verbrauch.

"Im neuen TwinAir-Motor werden nun erstmals diese Technologien in einem Zweizylinder-Konzept vereint. Sie machen das Triebwerk zum weltweit ökologischsten Benziner für Pkw", sagt der Fiat-Sprecher. Denn obwohl der Motor 85 PS leistet und im Fiat 500 immerhin 173 km/h ermöglicht, liegt sein Normverbrauch bei 4,1 Litern und der CO2-Ausstoß bei 95 g/km.

Damit ist das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht: Dass selbst ein Zylinder ausreichen kann, hat der frühere VW-Chef Ferdinand Piëch mit einem Ein-Liter-Auto bewiesen. Der zigarrenförmige Karbonwagen von 2002 fuhr mit einem 9-PS-Einzylinder mit 0,3 Liter Hubraum und schaffte 120 km/h. Allerdings war schon bei der Jungfernfahrt des Sparwunders klar, dass dieses Auto so nie gebaut werden würde. "Das zeigt nur das technisch Mögliche, eine Serienfertigung ist schon aus Kostengründen nicht machbar", hatte Piëch damals erklärt.

Dennoch zählt der VW-Konzern zu den Herstellern, die sich mit den wenigsten Zylindern begnügen. In Kleinwagen wie VW Polo oder Fox, in Skoda Fabia und Seat Ibiza arbeiten viele Dreizylinder. Außerdem haben die Niedersachsen bereits mit dem Zweizylinder-Diesel experimentiert: Den L1 treibt ein Diesel mit zwei Brennkammern und 0,8 Liter Hubraum an. Der Mini-Selbstzünder leistet im normalen Betrieb 27 PS. Wenn man die Sporttaste betätigt, stehen 39 PS zur Verfügung. Dreizylinder kommen auch im Suzuki Alto und Splash, im Opel Agila und Nissan Pixo zum Einsatz. Außerdem knattert im Heck des Smarts traditionell ein Aggregat mit drei Brennkammern.

Eine völlig neue Dreizylindergeneration hat Nissan für den neuen Micra entwickelt: Sein 1,2-Liter-Motor leistet 80 PS. Ab dem Frühjahr soll es ihn auch als Kompressor mit Direkteinspritzung geben. Dann steigt die Leistung auf 98 PS, während der Verbrauch um 1,0 auf 4,0 Liter sinkt. Mit solchen Effizienzsteigerungen werden nicht nur zusätzliche Zylinder überflüssig, sondern auch Antriebsalternativen: Der Dreizylinder im Nissan Micra sei so genügsam, sagt Produktmanager Eric Rigaux, "dass wir uns den Diesel in dieser Baureihe künftig sparen können".