Eine Glosse von Daniela Pemöller

Hamburg. Es gibt Dinge, die mir missfallen. Einige davon sogar sehr. Auf die Straße gehe ich deswegen aber nur selten. Auch die äußerst klugen Protestbewegungen buhlen bisher vergebens um meine Mitgliedschaft. Um es kurz zu sagen: Ich bin gegen Atomkraft, fahre aber trotzdem nicht zur Demo nach Berlin.

Dafür bin ich, wie viele aus meiner Generation, einfach nicht militant genug. Doch jetzt passieren Dinge in Deutschland, die an meiner Grundeinstellung rütteln. Rund 40 Prozent der Frauen und fast ein Viertel der Männer geben ihrem Auto einen Namen - so lautet jedenfalls das Ergebnis einer Umfrage von AutoScout24.de

Es war die Liste der beliebtesten Kosenamen, die deutsche Autobesitzer ihren Weggefährten verpassen, die mich aufregte: "Baby", "Schnucki", "Kleiner" oder schlicht "mein Dicker". Ich weiß nicht genau, wo diese Welle der Empörung in mir herrührt. Vielleicht ist es die angestaute Wut über die Atomkraft-Renaissance unserer Regierung, die Kürzungen in Hamburgs Kulturetat gekoppelt mit dem Pfefferkrieg gegen harmlose Bürger aus dem Schwabenländle. Und wie bei vielen windigen Angelegenheiten sind es dann oft die kleinen Schmetterlingsflügel, die den Sturm entfachen.

Zum ersten Mal erwäge ich die Gründung eines eigenen Netzwerks. Irgendwer muss dem wehrlosen Blech ja schließlich zur Hilfe kommen. KSKSSDA würde ich es nennen. Das ist die Abkürzung für "Kosenamen sind kein Schicksal. Stoppt die Autoquälerei."

Ich habe nichts dagegen, Dinge beim Namen zu nennen. Meine Freundin nennt ihren Micra liebevoll Micrael. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Doch Schnucki, Hasi oder Mausebacke? Das grenzt an häusliche Gewalt. Ein Freund meint: Nur Schwule geben ihrem Auto, Motorrad oder ihren Genitalien Namen. Ich widerlege: Schwule haben Geschmack. Die kreative Hirnküche der Kosenamen-Kapeiken schmeckt hingegen nach Eisbergsalat im Mayomeer. Namen wie "Mein Wohnzimmer", "Staatliche Steuer" oder "Rosa Möhre" sind so sexy wie Alice Schwarzer in Strapsen.

An diesem Punkt will mein Freund die Diskussion beenden. Auch er gebe seinem Auto einen Namen. Wenn es morgens wieder nicht anspringt, nennt er es einfach "Scheißkarre".