Auch in einem Routine-Bußgeldverfahren, das noch nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung geführt hat, steht dem Betroffenen die volle Akteneinsicht bei den Behörden zu. Dieses uneingeschränkte Recht auf unverzügliche Einsichtnahme umfasst alle Akten, auf die sich der Schuldvorwurf stützt. Eine Verwaltungsbehörde ist nicht berechtigt, die Herausgabe der Akten unter Hinweis auf ein zukünftiges gerichtliches Verfahren hinauszuzögern oder zu verweigern. Darauf hat jetzt das Amtsgericht Erfurt in einem Urteil bestanden (Az. 64 OWi 624/10).

Laut Deutscher Anwaltshotline verlangte ein Rechtsanwalt für seinen Mandanten die Einsicht in die sogenannte "Lebensakte" eines bestimmten Tempo-Messgerätes. Nur damit könne er seine Vermutung belegen, an dem Blitzer sei nach der Eichung eine Reparatur erfolgt, womit der unterstellte Verkehrsverstoß auf einer Fehlmessung beruhen könnte. Die Unterlagen verweigerte die Behörde allerdings mit dem Hinweis, eine solche Überprüfung der Messapparatur sei im fraglichen Stadium des Bußgeldverfahrens üblicherweise nicht Gegenstand der Verfahrensakte und erst - wenn überhaupt - mit großer zeitlicher Verspätung möglich. In der Regel könne dies frühestens beim Einspruch vor Gericht erfolgen. Dieser Hinhaltetaktik wollte das Amtsgericht jedoch nicht folgen.