Eine vergnügliche Ausfahrt mit dem Alfa Romeo 8C Spider, von dem lediglich 500 Exemplare gefertigt werden.

Hamburg. Genau genommen kam dieses Auto zwölf Monate zu früh. Denn eigentlich hätte Alfa Romeo den 8C Spider doch zum 100. Firmenjubiläum in diesem Jahr enthüllen müssen. Schließlich ist der offene Zweisitzer nicht nur das schönste und schnellste, sondern auch eines der leidenschaftlichsten Autos, in dem je ein Cuore Sportivo geschlagen hat. Doch hatten die Premiere auf dem Genfer Salon 2009 und die ersten Auslieferungen Ende vergangenen Jahres auch ihren Vorteil: Jetzt, wo der Sommer endlich da ist, muss keiner mehr auf den Open-Air-Renner warten.

Und ein Vergnügen ist die Fahrt mit dem 8C Spider ohne jeden Zweifel. Selbst wenn man dafür über 210 000 Euro auf den Tisch seines Alfa-Händlers blättern wollte, müsste man wahrscheinlich trotzdem nach Hause laufen. Denn die meisten der 125 für Deutschland reservierten Autos aus der streng limitierten 500er-Serie sind längst verkauft. Nur Glück, Zufall und vor allem jede Menge Geld führen noch auf den heißesten Platz an der Sonne, den diese Cabriosaison zu bieten hat.

Wo ein Lamborghini auf coole Kante macht und Ferrari die immergleichen Pininfarina-Striche in die Zukunft zeichnet, ist das aus Karbon gebackene Kleid des endlich wieder ebenbürtigen Alfas eine leidenschaftliche Hommage an das italienische Lebensgefühl: Schön wie Sophia Loren in jungen Jahren, rassig wie Gina Lollobrigida, verführerisch wie Ornella Muti sowie frech und vorlaut wie Gianna Nannini zelebriert der Spider das glorreiche Kino aus Cinecitta - oder besser noch die große italienische Oper auf Rädern.

Die Musik dazu spielt der famose Achtzylinder, den Alfa wie das gesamte Fahrwerk und das Getriebe von der feinen Schwester Maserati ausgeliehen hat. Er beherrscht jede Tonlage vom sanften Säuseln im Leerlauf oder dem verführerischen Brabbeln im untertourigen Betrieb über das wütende Grollen eines fernen Donners am Beginn eines Zwischenspurts bis hin zum furienhaften Fauchen, wenn man Vollgas gibt und der Drehzahlzeiger in Richtung des roten Bereichs marschiert. Dabei bestimmt man die Klangfarbe nicht nur mit dem Gasfuß und den Schaltwippen am Lenkrad. Was dem Dirigent der Taktstock, das ist dem Alfa-Fahrer die Sporttaste. Sie öffnet ein paar zusätzliche Klappen, dann flutet der Motor die sonst nur fürs Design montierten Endrohre drei und vier, und statt des kleinen Kammerorchesters spielt plötzlich die große Besetzung. Das Radio kann man dabei getrost aus lassen - und am besten auch in allen Autos ringsum.

Im 8C kommt der Maserati-Motor auf 450 PS. Ein Druck auf die Sporttaste ändert die Schaltpunkte der Sechsgangautomatik, man fährt im Crescendo durchs Chianti. Während der Motor so leidenschaftlich klingt wie Pavarotti zu seinen besten Zeiten, schnellt der Alfa in 4,5 Sekunden auf Tempo 100 und stürmt danach munter weiter, als machten die Carabinieri gerade alle Siesta: Ehe man sich's versieht, zeigt der Tacho 160, 180 Sachen, und wer dann nicht langsam den Fuß vom Gas nimmt, lässt die meisten Cabrios mühelos hinter sich. Denn während Mercedes SL, BMW M6 oder Jaguar XK brav bei 250 km/h abregeln, kommt der 8C auf 292 km/h Spitze. Da muss die Frisur schon sitzen. Während andere Autos aus Italien - darunter leider auch so mancher Alfa - schon bei viel niedrigeren Geschwindigkeiten so labbrig und weich wirken wie eine zu kurz gebackene Pizza, ist der 8C auch bei Vollgas steif und fest wie ein Cantuccini aus Florenz. Kein Knistern und kein Knarzen ist der Karbon-Hülle zu entlocken, und selbst wer mit dezent überhöhtem Tempo durch die engen Kurven des Piemont oder des Nordschwarzwaldes schneidet, hat immer absolute Kontrolle über den Wagen. Dafür sorgen nicht nur die stabile Struktur, das stramme Fahrwerk und die präzise Lenkung, sondern auch die Keramik-Bremsen, bei denen die Formulierung "al dente" eine ganz neue Bedeutung bekommt.

Auch wenn der Alfa so etwas wie die Entsprechung zur italienischen Oper ist, gibt es bei allen Parallelen einen entscheidenden Unterschied. Anders als in der Mailänder Scala oder der Arena von Verona gibt es hier selbst für den besten Beifall keine Zugabe: Am Limit von 500 Autos wird nicht gerüttelt.