Das viersitzige Elektroauto “Mega City Vehicle“ soll 2013 zu kaufen sein. Die Entwickler setzen auf konsequenten Leichtbau mithilfe von Karbonteilen

Mit diesem kleinen Auto hat BMW große Pläne: Das "Mega City Vehicle" soll nicht weniger als die Welt oder zumindest das Automobil retten und eine Antwort auf die größten Herausforderungen der Branche geben. Denn schließlich sind sparsame und kleine Fahrzeuge gefragt, um den Verkehrsinfarkt zu verhindern. Den Weg in diese Richtung soll ein neuer, natürlich elektrisch angetriebener Wagen weisen, den Konzernchef Norbert Reithofer für das Jahr 2013 verspricht.

Weil die Entwickler bis zur Premiere des sogenannten MCV noch ein bisschen Zeit haben, sind viele Detailfragen bislang ungeklärt. Doch zumindest das Grundkonzept steht, sagt Projektleiter Peter Ratz und lüftet ein wenig den Schleier des "ersten in Großserie produzierten Elektroautos vom BMW".

Das Antriebspaket mit E-Motor im Heck und Lithium-Ionen-Akku im Wagenboden ist kein Geheimnis mehr. Doch wie das Mega City Vehicle tatsächlich aussieht, welches Format es hat und wie es konstruiert wird, das ist eine handfeste Überraschung.

Die erkennt man schon an der Rohkarosse, um die Ratz seine Gäste stolz herumführt: Statt kürzer als ein Smart ist sie länger als ein Mini. Mit einer Schätzung von vier Metern liege man nicht schlecht, lässt sich der Projektleiter entlocken und macht gar keinen Hehl aus dem üppigen Platzangebot. "Das war eines der zentralen Ergebnisse aus unserer Marktforschung", sagt Ratz über die Abkehr vom ursprünglichen Zweisitzer: "Überall auf der Welt wollen die Menschen auch für die Stadt mindestens vier Sitzplätze."

Ebenso überraschend ist der Aufbau des MCV. Die Antriebstechnik steckt in einem dicken Aluminium-Rahmen, den Ratz das "Drive Modul" nennt. Es enthält neben dem Motor im Heck und der nötigen Elektronik vor allem die Akkus im Wagenboden. Vorne, wo bei normalen Autos der Motor steckt, braucht es hier nur noch Platz für Kühlung, die normale 12-Volt-Batterie und zum Beispiel die Klimaanlage. Weiter oben betreten die Bayern Neuland: Denn auf das Fahrgestell montieren sie mit nur vier Schrauben das sogenannte Live-Modul, wie sie die eigentliche Karosserie und Fahrgastzelle nennen. Das vereinfacht nicht nur die Produktion, sondern ermöglicht auch schnelle und preiswerte Modellvarianten, stellt Projektleiter Ratz in Aussicht. Einen Hut runter, einen anderen drauf - so leicht können die BMW-Entwickler künftig neue Karosseriekonzepte verwirklichen.

Die wichtigste Neuerung ist jedoch der großflächige Einsatz von Karbon. Der Kohlenstoff gilt zwar schon lange als Wunderwaffe gegen das wachsende Fahrzeuggewicht, weil er 30 Prozent leichter ist als Aluminium und nur halb so viel wiegt wie Stahl. "So können wir das Mehrgewicht der Akkus kompensieren", sagt Entwickler Jochen Töpker über das riesige Batteriepaket, das immerhin ein Volumen von rund 300 Litern hat und ähnlich viele Kilos wiegt. Mindestens 100 Kilo kann BMW mit diesem Konzept gegenüber einem normalen Aufbau sparen, rechnet Töpker vor. Und gemessen an nachträglich umgerüsteten Fahrzeugen wie dem Mini E ist der Vorteil noch größer. Während der Elektro-Mini 1,5 Tonnen wiegt, soll das MCV angeblich nicht mehr als 1,2 Tonnen auf die Waage bringen. Das ist zwar für einen konventionellen Kleinwagen kein Wunderwert. Doch in der Welt der Elektroflitzer wäre dieses Gewicht tatsächlich eine Sensation.

Leider galten Bauteile aus Karbon bislang als schier unbezahlbar: Aus haarfeinen Fasern gesponnen, von Hand zugeschnitten und dann unter Hochdruck in speziellen Öfen stundenlang gebacken, waren sie für bürgerliche Autos viel zu teuer. Bugatti Veyron, Mercedes SLR oder Lamborghini Murcielago heißen deshalb die wenigen Autos, die mit nennenswerten Karbonanteilen auf die Straße kamen. Doch BMW hat mittlerweile zehn Jahre Erfahrung mit der Kohlefaser und baut längst Kleinteile in Großserie.

Während Projektleiter Ratz im Detail die Passagierzelle zeigt, von Klebepunkten und Verschraubungen spricht und jedes Detail am Anschauungsobjekt für neugierige Finger freigibt, schweigt er sich zu den Fahrleistungen beharrlich aus. Allerdings soll das MCV mindestens die von den US-Gesetzen vorgeschriebene Reichweite von 160 Kilometern schaffen. Und natürlich wird das Auto ein Tempo erreichen, bei dem man in Ballungsgebieten nicht nur hinterherfährt. 130, vielleicht sogar 150 km/h sollten also drin sein.

Noch spannender als die Frage nach Reichweite, Leistung und Tempo sind allerdings die Fragen zum Design und zum Preis des Autos, das mit Einser und X1 gemeinsam in Leipzig vom Band laufen soll. Doch während sich Designchef Adrian van Hooydonk wenigstens eine unverbindliche Skizze für den Stadtflitzer entlocken lässt, die einen handlichen und etwas gedrungenen, dafür aber sehr schnittigen Stadtflitzer andeutet, schweigt das Projektteam zu allen Nachfragen eisern und bittet stattdessen um etwas Geduld. Irgendwie muss der Spannungsbogen bis zum Debüt im Jahr 2013 schließlich noch aufrechterhalten werden.