In den USA startet Volkswagen in Kürze den neuen Jetta. Hierzulande ist er ab Februar 2011 zu kaufen.

In Nordamerika hat sich die Limousine stets gut verkauft, auf dem deutschen Heimatmarkt dagegen zumeist ein Schattendasein gefristet. Das soll sich ändern, denn der neue VW Jetta legt bei der Premiere in San Francisco einen selbstbewussten Auftritt hin. Nur noch einen Hauch von Golf kann erkennen, wer die beiden erfolgreichen Volkswagen-Modelle miteinander vergleicht. Der Viertürer hat sich emanzipiert und soll ab Februar 2011 auch deutsche Kunden überzeugen.

Man hätte ihm einen besseren Start wünschen können: Als "Rucksack-Golf" wurde der Jetta einst geschmäht und auch ohne Häme war nicht wegzudiskutieren, dass der beeindruckend große Kofferraum wie ein Fremdkörper an dem als Schrägheck-Limousine konzipierten Golf klebte. Beim Jetta des Jahrgangs 2011 dagegen erinnert nichts mehr an ein Golf-Derivat. Der mit 4,64 Meter Länge recht erwachsen dimensionierte Jetta verkörpert nach Worten des VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn eine "eigene Identität" und biete außerdem "mehr Auto fürs Geld". Das Fahrzeug sei entwickelt unter Berücksichtigung "der speziellen US-amerikanischen Bedürfnisse und Erwartungen", weshalb der Jetta auch ein wichtiger Faktor für die Erreichung des VW-Zieles sei, bis 2018 in der USA 800 000 Fahrzeuge pro Jahr abzusetzen.

Die Motorenpalette umfasst für den nordamerikanischen Markt drei Benziner mit 115, 170 und 200 PS und einen Diesel mit 140 PS. Das Spitzenaggregat ist ein turbobeatmeter Zweiliter-TSI und wird ab 2011 den Jetta GLI antreiben. Der 115 PS starke Einstiegsbenziner und der Common-Rail-TDI sind neu. In Kombination mit dem sechsstufigen DSG-Getriebe hinterließ der 200-PS-Jetta bei ersten Testfahrten einen aufgeweckten und agilen Eindruck. Das Drehmoment erreicht mit 240 Newtonmetern zwar nicht die Zugkraft des Dieselmotors, schiebt aber mit spontaner Reaktion auf Gashebelbewegungen munter an und vermittelt deshalb einen fahraktiven Eindruck. Die Lenkung ist griffig und direkt, sodass kurvige Landstraßen gern mit Schwung und Mut zum energischen Einlenken genommen werden. Das Fahrwerk präsentiert sich als erstaunlich europäisch abgestimmt, ein ausgewogener Kompromiss aus sportlicher Robustheit und komfortabler Dämpfung hinterlässt einen tadellosen Eindruck.

Prompt schlägt sich die Fahrfreude im Verbrauch nieder: Statt der normgemäßen neun Liter je 100 Kilometer endete die Testfahrt mit dem Top-Benziner bei 10,1 Litern. Die US-Version des Diesels soll laut Datenblatt 6,9 Liter verbrauchen, auf den überwiegend auf der Autobahn absolvierten Probekilometern erwies sich das Fahrzeug als genügsamer: 6,2 Liter zeigte der Bordcomputer beim Einparken. In der Europa-Konfiguration soll das Auto allerdings nach deutlich sparsamer sein: 5,3 Liter gibt Volkswagen als Zielgröße für den 140-PS-Diesel an. Auch dieser Motor hat dank 320 Newtonmetern Drehmoment ein ganz ordentliches Temperament zu bieten.

Das serienmäßig mit einer Fünfgang-Handschaltung ausgestattete Fahrzeug drehte willig und vermittelte so einen anerkennenswerten Sportsgeist, die Geräuschentwicklung war jedoch bei höheren Drehzahlen nicht immer in einem optimalen Bereich. Vor allem für schnelle Passagen werden es die deutschen Kunden zu schätzen wissen, wenn dieser Motor auch mit einem Sechsganggetriebe angeboten wird, was Drehzahl- und Geräuschniveau bei zügiger Reisegeschwindigkeit deutlich minimieren dürfte.

Wenn der Jetta 2011 nach Europa kommt, sind vier der sechs zur Wahl stehenden Motoren neu: Der 1.2 TSI mit 105 PS, der 1.4 TSI mit 160 PS und die beiden 1.6 TDI mit 105 PS und 2.0 TDI mit 140 PS. Zudem bekommt der Viertürer für seinen Start in Europa eine neue Hinterachse, da die US-Version nicht für hohe Geschwindigkeiten geeignet ist. Die Preise dürften hierzulande bei rund 25 000 Euro beginnen.

Wer aufgrund des Herkunftslandes auf Kritikwürdiges im Innenraum spekuliert hat, wird enttäuscht. Wenn auch die Sitzpolster ein paar Zentimeter länger sein könnten, wurde von der VW-typischen Wohnlichkeit mit klarer und übersichtlicher Struktur der Handhabung und Bedienung kein Deut abgerückt. Die Oberflächen sind ansehnlich gestaltet, die Verkleidungen und Dekorteile passen haargenau, und alles, was in die Hand genommen werden muss, fühlt sich wertig und solide an.