Der Kompaktwagen steht ab Sommer bei den Händlern. Was sich geändert hat, führte Entwicklungschef Michael Dick bei ein paar Proberunden vor.

"Wir wollen unsere Kunden nicht schockieren!", formuliert Audi-Entwicklungsvorstand Michael Dick den Seitenhieb in Richtung Mercedes-Benz. "Deshalb das evolutionäre Design unseres neuen Audi A3." Der Hinweis gilt dem radikal veränderten Aussehen der neuen Mercedes A-Klasse, die nach dem Willen der Stuttgarter nun endlich zur ernst zu nehmenden Konkurrenz des Ingolstädter Platzhirschen aufsteigen soll. Audi dagegen entwickelte das Design des A3 nur in kleinen Schritten weiter. Das wirkt zwar mutlos, ist für Dick aber der bessere Weg.

Nicht ohne Stolz entriegelt er den neuen A3, sein ganz persönliches Exemplar. Vom Büro zurück nach Hause führt seine erste Fahrt, und wir sind dabei. "Schauen Sie nicht so genau hin", bittet er und blickt in fragende Gesichter. Sein neuer Audi verfüge schon heute über Ausstattungsmerkmale, die erst Ende des Jahres in den Händlerlisten auftauchen würden, ergänzt er, und meint den Quattro-Antrieb, die rautengesteppten Ledersitzschalen vorn und die Sonderfarbe Blau.

Der neue Audi A3 soll in der Kompaktklasse mit Oberklasse-Ausstattung den Ton angeben. Gleichzeitig müssen die Bayern das Vorurteil ausräumen, lediglich einen verfeinerten VW Golf anzubieten. Dick stellt fest: "Unser neuer A3 ist ein komplett anderes Auto!"

Tatsache ist, dass die technische Basis von Volkswagen für den neuen Golf VII entwickelt wurde. Sie ist aber so flexibel ausgelegt, dass die Konzernschwestern Audi, Seat und Skoda völlig eigenständige Modelle darauf entwerfen können. Der A3 ist das erste Produkt dieser innovativen Strategie.

Audi nutzt die neue Flexibilität für zwei verschiedene Radstände im neuen A3. Der Dreitürer übernimmt mit 2,60 Meter den des kommenden Golf. Das sind 20 Millimeter mehr gegenüber dem bisherigen A3, was zu mehr Knieraum im Fond führt. Vor allem aber setzt Audi beim A3 auf Leichtbau. Stolze 80 Kilo ist allein der Rohbau leichter als bisher, denn Motorhaube und vordere Radhäuser sind aus Aluminium.

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Der fünftürige A3 Sportback bekommt einen um 35 Millimeter verlängerten Radstand. Das zeichnet ihn als komfortablen Bruder des wendiger ausgelegten Dreitürers aus. Unterschiede zwischen dem nächsten Golf und dem neuen A3 gibt es auch bei der Fahrdynamik. Audi verwendet für seinen Kompaktklässler straffere Dämpfer. Weil darüber hinaus größere Reifen montiert werden und die neue elektrische Lenkung direkter anspricht, fährt der dreitürige A3 sportlicher.

Doch auch sonst hat der Fahrkomfort gegenüber dem A3-Vorgängermodell spürbar gewonnen. Dem allradgetriebenen Chefauto, das vom 180 PS starken 1.8 TFSI-Motor angetrieben wird, seien Antriebseinflüsse in der Lenkung selbst bei starker Beschleunigung fremd, bestätigt Dick. Und vom Beifahrersitz fällt auf, dass bei Landstraßentempo selbst im Regen Windgeräusche kaum mehr hörbar sind, ebenso wie Abrollgeräusche der Räder. Vielmehr gewinnt ab 4000 Touren ein kerniger Motorsound die Oberhand. Gut hörbar, aber nicht die Unterhaltung störend. Dann demonstriert Dick, wie unauffällig das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe die beachtliche Motorkraft portioniert. Ohne den neuen Golf VII zu kennen, wagen wir die Vermutung, dass der kompakte Audi bei gleicher Motorisierung das fahraktivere Auto sein wird.

Doch die augenfälligste Eigenständigkeit besitzt der neue A3 beim Interieur. Es ist die schlanke Armaturentafel, die durch reduzierte Bedienfelder leicht wirkt und schwebend. In ihr kann ein einzigartig flacher TFT-Bildschirm mit Sieben-Zoll-Diagonale verschwinden - Ergebnis eines konstruktionstechnischen Kraftaktes.

Doch Dick sieht die Mehrkosten dafür gut angelegt: Das über einen Drehschalter mit berührungsempfindlicher Oberfläche zwischen den Vordersitzen steuerbare Multimediasystem ist ein Oberklasse-Bauteil. Es erkennt von Hand geschriebene Buchstaben und Zahlen. Dahinter mag eine technische Meisterleistung stecken, die die Eingabe chinesischer Schriftzeichen erleichtern könnte. Ob die Funktion in unseren Breiten als Kulturrevolution begrüßt wird, bleibt dahingestellt. Eine einwandfrei funktionierende Sprachsteuerung wäre für viele Kunden sicherlich wünschenswerter.

Wir beenden unsere Ausfahrt in der Gewissheit, dass der A3 der dritten Modellgeneration ein würdiges Vorstandsauto mit einem großzügig geschnürten Paket von Assistenzsystemen abgibt, die aus der Oberklasse stammen. Mag es von außen nicht gleich als neues Modell zu erkennen sein, so überzeugt es umso mehr durch innere Werte. Gestaltung, Materialqualität und Verarbeitung im Fahrgastraum suchen im Konkurrenzumfeld ihresgleichen und taugen sogar Autos höherer Klassen zum Vorbild.

Als Detail mit Gestaltungspotenzial kann die optionale, horizontal in der Armaturentafel verlaufende Leiste aus Glas gelten. Sie setzt sich in den Türverkleidungen fort und soll als Ambientelicht Lounge-Atmosphäre erzeugen. Die Befürchtung, junge Leute könnten sie im Alltag zur Stroboskop-Lichtquelle umrüsten, um ihren Audi A3 als mobile Diskothek spazieren zu fahren, dürfte am hohen Kaufpreis scheitern: Für den A3-Einstandspreis von 21 600 Euro (1.4 FSI, 140 PS, Zylinderabschaltung) bekommt man so viel Hightech noch nicht. Und 30 000 oder gar 40 000 Euro für Modelle mit hochwertigen Sonderausstattungen dürften den Etat junger Kunden schlicht überfordern.