Eine Glosse von Frank Wald

Wussten Sie, dass es da draußen tatsächlich noch - oder schon wieder - Leute gibt, die glauben, Werbung habe was mit der Realität zu tun? Und damit meine ich nicht die Behauptungen, dass Kinderschokolade Milch enthält, Geiz geil ist oder Baden-Württemberger alles können außer Hochdeutsch. Das Landgericht Osnabrück (Az. 12 O 2221/11) hatte jüngst einen Fall verhandelt, der als Parade-Beispiel für jedes Marketing-Seminar taugt oder für die Erkenntnis, dass der Führerschein allein vielleicht doch nicht als Fahrberechtigung genügt.

Da gab es also diesen Mann aus Nordhorn, einer Kreisstadt an der holländischen Grenze zwischen Emsland und Nordrhein-Westfalen, der beim Autovermieter Sixt für ein langes Wochenende einen BMW X3 geliehen hatte, nur um damit den nächstbesten Teich zu durchqueren. Begründung: Weil die von BMW in ihrem Werbespot das doch auch so gemacht hatten. Ergebnis des mutigen Selbstversuchs: In der Mitte des Weihers blieb der Geländewagen mit kapitalem Antriebsschaden von 10 210 Euro stecken, nachdem der Motor Wasser statt Luft angesaugt hatte.

Nun ist zwar nicht zu befürchten, dass diesem Beispiel allzu viele Nachahmer folgen werden. Echte SUV-Fahrer würde ihre allradgetriebenen Hochsitz-Gefährten niemals in unwegsames Gelände steuern und die polierten Alufelgen womöglich mit Schlamm beschmieren. Wenn sich hierzulande die diversen X-, Q- oder M-Klassen nicht gerade vor den Kitas und Grundschulen in Harvestehude, Othmarschen oder Nienstedten drängeln oder in der Eppendorfer Landstraße in zweiter Reihe parken, sieht man sie doch in der Regel auf der Autobahn formatfüllend und fröhlich aufblendend im eigenen Rückspiegel.

Was aber, wenn noch mehr Autofahrer der schönen Scheinwelt der Reklame erliegen? Finden wir dann Audi-Quattro-Piloten demnächst auf Skisprung-Schanzen wieder, Opel-Kunden ihr Leben lang auf Garantie pochen oder um Sprit bettelnde Familienväter auf der Landstraße, weil ihnen gesagt wurde, dass ihr anderthalb Tonnen schwerer Van einen (absolut theoretischen) Normverbrauch von nur 4,7 Liter hat?

Autofahrer also aufgepasst, um es mit einem Werbeslogan-Klassiker zu sagen: Nicht überall, wo Werbung draufsteht, ist auch Wahrheit drin.