Eine Glosse von Daniela Pemöller

Was habe ich mich gefreut, als das sibirische Hoch "Dieter" vor Kurzem über Hamburg fegte und unsere schöne Stadt in eine weiße Pracht hüllte. Nur wenige Dinge sind so zauberhaft, wie um Mitternacht mit dem Schlitten einen frisch eingeschneiten Elbhang hinunterzusausen. Zugegeben, die russische Kälte kam ein wenig plötzlich. Und auch ich habe geflucht, weil ich die vier Stockwerke wieder hochstapfen musste, um die Wohnung nach meinem Enteisungsspray zu durchforsten. Doch als ich dann später an den Gärten vorbeifuhr, in denen putzige Schneemänner winkend Wache schoben, war all der Groll vergessen.

Schnee ist unglaublich romantisch. Nicht nur, weil wir uns aneinander kuscheln, um der Kälte zu trotzen. Nein auch, weil wir uns liebevolle Botschaften aus Kristall schreiben können. Als ich am Montag zu meinem eingeschneiten Auto spazierte, sah ich die geschwungene Schrift auf der Motorhaube schon von Weitem. Eilig näherte ich mich und las dann: Hamburg bitch. Den bitteren Geschmack im Mund schluckte ich schnell runter. Denn schon packte mich die Neugier. Was wollte der Autor oder die Autorin mir oder meinem Auto sagen? Handelte es sich hier um einen frustrierten Schleswig-Holsteiner, der sich rächen wollte, weil ich nur all zu gern über die Fahrkünste von Pinnebergern und Konsorten herziehe? Dafür würde der Opel aus Bad Segeberg zwei Straßen weiter sprechen, dessen Windschutzscheibe ein Herz zierte.

Ich musste an "flincar" denken. Das ist ein neues soziales Online-Netzwerk für Autofahrer. Über das Nummernschild können Registrierte hier Verkehrsteilnehmern eine Botschaft schicken. Die Idee dazu hatte ein Wilhelmshavener Wirtschaftsstudent, als er in seinem Lokalblatt Kontaktanzeigen von Verliebten las, die Menschen über ihr Autokennzeichen suchen. Doch statt zu flirten sollen die Mitglieder die Seite hauptsächlich zum Motzen nutzen. Typisch deutsch. Wir bleiben halt ein Volk von ewigen Nörglern und Pessimisten. Mir kam die Rapperin Missy Elliott in den Sinn. Für sie ist eine "bitch" ein "selbstbewusstes Mädchen". Ich setzte ein "proud to be a" vor die Botschaft auf meinem Auto - und fuhr los.