Eine Glosse von Daniela Pemöller

Man kann nicht sagen, er habe es nicht versucht. Zweimal schwitzte der gebürtige Rumäne für die theoretische Führerscheinprüfung. Beide Male rasselte er durch. Tja, und dann tat der heute 53-Jährige, was man gar nicht tun darf: Er setzte sich einfach hinters Steuer und fuhr los. Ganz nach dem Motto, was kümmern mich Gesetze ...

So fuhr und fuhr und fuhr er. Bis er letzte Woche im schwäbischen Ilsfeld in eine Verkehrskontrolle geriet und alles aufflog. Nach 30 Jahren. Da fragt man sich: Wie konnte das passieren? Waren die Ordnungshüter blind im Landkreis Heilbronn? Denen geht es wohl zu gut, so ohne Elbphilharmonie, HSH Nordbank und kaputte Straßen. Trotzdem schaffen sie es nun bundesweit in die Schlagzeilen.

Natürlich ist es schlimm, was der Rumäne gemacht hat. Aber man muss die Kirche im Dorf lassen. Studien belegen, dass 75 Prozent der heutigen Führerscheinhalter gnadenlos durchfallen würden, wenn sie den Test jetzt machen müssten. Und mal ehrlich: Manche Menschen erlauben sich doch noch ganz andere Dinge.

Lehrt uns unsere Welt nicht stetig: Regeln sind da, um gebrochen zu werden? Warum sonst dürfen Menschen wie die Autorin Helene Hegemann frech abschreiben und dafür auch noch bundesweit literarische Lobeshymnen ernten? Warum können manche Bankmanager auf ganzer Front versagen und trotzdem weitermachen? Statt Strafe kassieren sie sogar noch satte Millionenboni.

Längst haben wir uns ans Messen mit zweierlei Maß gewöhnt. Ganz wie der Rumäne an das Autofahren ohne Führerschein.

Er hat eine Regel gebrochen. Aber immerhin ohne anderen dabei zu schaden. Drei Jahrzehnte kurvte unser rumänischer Regelbrecher ohne Knalleffekt herum. Eine Bilanz, die manch anderen Autofahrer durchaus alt aussehen lässt. Am Ende drängt sich die Frage auf: Wie wichtig ist die theoretische Prüfung eigentlich, wenn man auch ohne sie 30 Jahre lang unfallfrei bleibt? Hat der Mann nur Glück gehabt? Oder ist Autofahren doch kein Fall für Theoretiker?