Der Hamburger fährt den ersten in der Stadt zugelassenen Sportwagen mit Elektromotor - einen Tesla Roadster

Hamburg. "Irgendeiner muss schließlich damit anfangen", sagt Michael Jäschke, 55, im Brustton der Überzeugung und meint den Umstieg vom Ressourcen fressenden Verbrennungsmotor im Auto hin zur umweltfreundlichen Elektromobilität. "Im Jahr 1674 hat ein Holländer die Kolbenmaschine erfunden - mit dem Prinzip fahren wir immer noch herum. 40 Jahre nachdem wir auf dem Mond gelandet sind und trotz der Aussicht, in 40 Jahren kein Erdöl mehr zu haben."

Der Chef einer Hamburger Media-Agentur ließ den Ankündigungen auch Taten folgen. Als erster in der Hansestadt hat er vor rund einem Monat einen Tesla Roadster beim Straßenverkehrsamt angemeldet. Und lässt seitdem jede Tankstelle links liegen, greift stattdessen zum Stromkabel, um das stattliche Akku-Paket in seinem Zweisitzer aufzuladen. Wenige Stunden Energietransfer am Starkstromkabel verhelfen dem Sportwagen dann zu enormer Leistung: Tempo-100-Spurt in weniger als vier Sekunden - da können selbst etablierte schwäbische Sportwagen kaum mithalten.

Dabei geht es Jäschke gar nicht um mögliche Geschwindigkeitsrekorde und Sprintwerte. Ihm hätte für die tägliche Fortbewegung auch ein Smart mit Stromantrieb gereicht, schließlich steht auch eine benzingetriebene Version in seiner Garage. Aus gutem Grund: "Es gibt keinen Hamburger Stadtteil, in dem ich mit dem Smart nicht noch einen Parkplatz finde." Aber einen (derzeit im Praxisversuch befindlichen) Elektro-Smart wollte der Daimler-Konzern auch gegen Geld und gute Worte (noch) nicht herausrücken. Da musste es eben ein Tesla sein.

Der Roadster basiert auf dem Modell Elise des britischen Sportwagenbauers Lotus. Die Antriebstechnik wird aus dem kalifornischen Silicon Valley von der Firma Tesla Motors zugeliefert. Ein etwa fußballgroßer Elektromotor im Heck verteilt seine maximal 252 PS über ein Zweiganggetriebe an die Hinterräder. Als Energiespeicher dienen exakt 6831 handelsübliche Lithium-Ionen-Akkus, wie sie sich auch in Laptops und Handys finden. Zusammen bringen sie es auf ein Gewicht von etwa 450 Kilogramm. So viel Technik hat natürlich ihren Preis: 99 000 Euro muss der Käufer locker machen. Auf der Kundenliste stehen so berühmte Namen wie US-Schauspieler George Clooney und Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Hierzulande wurden mittlerweile 70 Elektro-Sportwagen zugelassen, die Lieferzeit beträgt momentan etwa drei Monate.

Auf übertriebenen Komfort kann die recht überschaubare Tesla-Gemeinde - etwa 1000 Fahrzeuge werden pro Jahr gefertigt - nicht hoffen. "Gelegentlich habe ich Rückenprobleme wegen des harten Fahrwerks", gesteht Jäschke. Er schwärmt aber im gleichen Atemzug von "einem unfassbaren Drehmoment des Motors und dem intergalaktischen Gefühl, durch den Raum zu gleiten wie in einem aus Science-Fiction-Filmen bekannten Space Waggon". Und das in einem Meer der Ruhe, schließlich gleitet sein in British Racing Green lackierter Wagen ohne jegliche Motorengeräusche über die Straßen. Jäschke entwickelt seine persönliche Zukunftsvision: "Man wird in Ballungszentren wieder dort wohnen können, wo es bisher zu laut ist - weil man diese Art von Auto nicht mehr hört."

Getankt wird der Tesla überwiegend in der heimischen Garage. Unterwegs sind stets die beiden Stromkabel mit an Bord: Eines für die normale Haushaltssteckdose, das andere für einen Starkstromanschluss. Damit sind die Akkus in drei bis acht Stunden wieder aufgeladen, mit dem normalen Stromkabel dauert es 13 bis 14 Stunden.

In den zurückliegenden Wochen hat Jäschke mit seinen Elektroflitzer schon rund 1000 Kilometer zurückgelegt. Und wie sieht es mit der Reichweite aus, die offiziell mit etwa 300 Kilometern angegeben ist? "Ganz ausgereizt habe ich das noch nicht. Bis Timmendorf und zurück bin ich schon gefahren - mit moderaten 120 bis 130 km/h. Bei Vollgas wäre das vermutlich knapp geworden."

Die Aufmerksamkeit von Passanten und anderen Autofahrern ist dem Tesla-Piloten sicher. "Ich bin in der kurzen Zeit schon Dutzende Male angesprochen worden. Dabei entwickeln sich interessante Dialoge. Und manchmal lerne ich von anderen Menschen sogar noch was Neues über mein eigenes Fahrzeug." Aber auch ganz praktische Fragen werden gestellt. Was ist zum Beispiel bei einem Defekt? Schließlich wird man vergebens nach einer passenden Werkstatt suchen. "Da greift die Mobilitätsgarantie. Im Falle einer notwendigen Reparatur kommen Experten aus München angereist und beheben den Fehler."

Jäschke spart nicht mit Kritik an den politisch Verantwortlichen. Die hätten statt der Einführung einer Abwrackprämie besser die Elektromobilität in Deutschland gefördert - "weil es ganz einfach auf längere Sicht keine Alternative gibt". Staatliche Zuschüsse könnten wesentlich dazu beitragen, praxistaugliche Elektroautos mit größerer Reichweite, wie sie von einigen Herstellern für die nahe Zukunft angekündigt sind, einem breiten Publikum schmackhaft zu machen. Und zumindest exorbitante Tankquittungen gehören dann auch der Vergangenheit an. "Meine Tankfüllung kostet 1,50 Euro - vielleicht auch mal zwei Euro", verrät Jäschke. Und Kfz-Steuer muss er bislang auch nicht zahlen. Die wird nämlich nach Hubraumgröße berechnet - aber so etwas hat sein Stromer gar nicht.