Hamburg. Fachleute sprechen vom Ausbruch. Das klingt kriminell. Ich spreche vom Ausrasten, einer Stufe davor. Danach ist mir jüngst häufiger zumute, wenn ich auf Hamburgs Straßen unterwegs bin. Schlagloch lautet das Stichwort. Mindestens so tief wie ein Golfball und so groß wie ein Teller. Sonst, so britische Forscher, sei es kein Schlagloch. Ich sage, wenn ich beim Hinüberfahren einen heftigen Schlag auf mein Gesäß verspüre, ist es ein Schlagloch. Wie der Name schon sagt: ein Loch, das schlägt.

Nun mag man Mitleid mit dem flüchtigen Asphalt haben. Seit Jahren wird er von rücksichtslosen Autofahrern jeden Tag aufs Neue überfahren. Und das ohne Anerkennung seiner Leistungen. Wer würde da nicht abhauen? Doch das Leben ist keine Pralinenbox. Wer, bitte, soll jetzt die Flickzeche zahlen? Die deutsche Straße hat eine Lebenserwartung von etwa 20 Jahren. Der Großteil von Hamburgs Pflaster hat demnach die DDR noch miterlebt. Ich kurvte zwar erst fünf Jahre nach der Wende auf den Straßen des Klassenfeindes rum, fühle mich aber heute auf der Ebertallee stark an die einst blühenden Landstraßen und klaffenden Autobahn-Krater von drüben erinnert. Über Ostern war ich nun auf Rügen. Da gibt es keine Ausbrüche. Was soll ich sagen: Der Asphalt liegt hübsch, wo er liegen soll. Paradiesische Zustände.

Zurück in Hamburg trifft mich ein Schlag nach dem nächsten. Bloß leider keiner, der mit Solidarität anfängt. Über 60 Millionen Euro soll die Sanierung von Hamburgs 1,1 Millionen Quadratmeter großer Schlaglochfläche kosten. Nur 49 Millionen Euro stehen zur Verfügung. Und der Rest? Der Schlaglochmarkt ist seit den Dumpingpreisen aus dem thüringischen Niederzimmern im Keller. Bloß 50 Euro verlangen die für ein Loch. Davon müssten wir 220 000 verhökern, um schwarze Zahlen zu schreiben. Unsere grüne Frau Senatorin Hajduk, so meine Vermutung, fährt einen anderen Plan. Sie lässt Schlagloch einfach Schlagloch sein und verhandelt heimlich mit den Forschern der Stony Brook University in New York. Die haben nämlich einen Stoßdämpfer entwickelt, der aus abgefangenen Stößen Strom erzeugt. Als Antrieb für ein Elektroauto zum Beispiel. Das Schlagloch als Ölquelle von morgen? Clever, Frau Hajduk!