Hamburg. Was hat die Nation diskutiert über diese Frau, die betrunken über eine rote Ampel fuhr und dabei von der Polizei erwischt wurde. Eine Frau der Kirche. Nicht irgendeine. Nein, ausgerechnet die Repräsentantin von 25 Millionen Protestanten. Wasser predigen, aber Wein saufen, schimpften Deutschlands Moralapostel da eilig im Akkord. Aber warum, frage ich mich, spricht eigentlich keiner darüber, wie diese heiklen Daten der Polizeikontrolle an die Öffentlichkeit kamen? Gilt das Datenschutzgesetz denn nicht für Gottesdiener?

Wer auf dem Gedanken etwas rumkaut, spuckt schnell ein paar Verschwörungstheorien aus. Nutznießer wären zum Beispiel die Fummler von der katholischen Konkurrenz, die trotz ihrer gebeteten Ave Maria nicht mehr aus den Schlagzeilen kommen. Vielleicht war es aber auch eine Werbekampagne von Volvo. Nach dem Motto: Mensch Margot, lass den VW Phaeton stehen und steig bei uns ein. Für 850 Euro bekommst du deinen persönlichen Promillewächter "Alcoguard", der dich daran hindert, sturztrunken den Motor zu starten.

Wie auch immer. Menschen machen Fehler. Für eine Mutprobe habe ich als Zehnjährige einen Radiergummi geklaut. Als meine Mutter das rausbekam, musste ich in den Laden gehen, mich entschuldigen und es von meinem Taschengeld bezahlen. Ich habe aus dieser Lektion fürs Leben gelernt. Menschen, die beharrlich auf ihrem Posten kleben, haben das nicht. Sie müssen aus ihren Ämtern gedrängt werden. Wie Hamburgs Ex-Bürgerschaftspräsident Berndt Röder, der sein Amt missbrauchte, um seine Straße vom Eis zu befreien. Oder der Berliner Obdachlosenhelfer Harald Ehlert, ein evangelischer Sozialkapitalist, der unbedingt in einem von Sozialgeldern geleasten Maserati chauffiert werden wollte.

Käßmann hat gezeigt, wie es anders geht. Wie aus Schwäche Stärke wird. Nämlich mit Respekt und Achtung vor sich selbst. Sie hat die Messlatte für Anstand so hoch gesetzt, dass das den Röders und Ehlerts dieser Welt wie eine neue, olympische Disziplin vorkommen muss. Bleibe bei dem, was dein Herz dir rät, sagte die Bischöfin in ihrer Rücktrittsrede. Mein Herz flüstert: Frau Käßmann, Sie sind ein Geschenk Gottes. Und wer weiß: Vielleicht ist auch Ihr nächstes Auto ein Volvo.

Daniela Pemöller fährt einen Volvo Amazon, Baujahr 1965. Alle 14 Tage schreibt sie ein Postskriptum rund ums Auto.