Von schrillen Sitzbezügen über Tattoos für das Dach bis zu Dekor-Folien mit Blumenmuster - die Auswahl für den Kunden ist heute größer denn je.

Hamburg. Das Auto ist ein Massenprodukt - doch die Käufer fragen immer öfter nach individuellen, unverwechselbaren Lösungen. "In der Luxusklasse, wo Handarbeit noch üblich ist, war das schon bislang kein Problem", sagt Nick Margetts vom Marktbeobachter Jato Dynamics. "Doch jetzt erobert die Individualisierung immer öfter auch den Kleinwagen."

Vorreiter dieser Entwicklung war der Mini. Für ihn gab es bereits zum Debüt der ersten Generation unter BMW-Regie zahlreiche Optionen von der Landesflagge auf den Spiegelkappen über das lackierte Dach bis hin zu den Zierstreifen auf der Motorhaube. Bei der zweiten Modellgeneration ist die Zahl der Möglichkeiten weiter gestiegen. Diesem Beispiel sind andere Marken gefolgt. Für den Fiat 500 gibt es diverse Teile, die der Kunde individuell auswählen kann. Zwar dauert das Verkaufsgespräch dann etwas länger, doch lassen sich dabei selbst die Gehäuse der Schlüssel nach eigenen Wünschen gestalten.

Bunt treiben es auch die Designer von Citroën. Für den neuen DS3 wurden laut Produktmanagerin Estelle Rouvrais nicht nur ein Dutzend Lacke gemischt und erstmals für ein Serienmodell in der jüngeren Geschichte zweifarbige Autos vorgesehen. Auf Wunsch gibt es auch spezielle Tattoos fürs Dach, verschiedene Zierleisten und unterschiedliche Gehäuse für die Spiegel. Innen haben Kunden die Wahl zwischen unterschiedlich schrillen Sitzbezügen und schillernden Konsolen. Auch der Zündschlüssel lässt sich individuell gestalten. "Wahrscheinlich können wir jahrelang DS3 bauen und werden doch keine zwei gleichen produzieren", sagt Rouvrais angesichts von mehr als einer Million Kombinationsmöglichkeiten.

Ebenfalls auf die eigene Note setzt Mercedes beim Smart. Schon bisher konnten die Kunststoffteile der Karosserie mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden. Weil das allerdings meist nur bei Unfallschäden genutzt wird, gibt es nun spezielle Dekor-Folien, mit denen man sein Auto unverwechselbar machen kann: Insgesamt sechs Motive stehen zum Preis von jeweils 250 Euro zur Auswahl und werden auf Wunsch direkt vom Händler auf die sogenannte Tridion-Sicherheitszelle geklebt. Die vom Künstler Timo Wuerz gestalteten Folien zeigen Großstadtsilhouetten, Blütenmuster oder Racing-Elemente und sollen bis zu fünf Jahre halten.

Während solche Individualisierungen nur der Optik dienen, gibt es nun aber auch erste funktionale Gestaltungselemente. Im Mini Countryman und in der neuen Auflage des Opel Meriva halten in diesem Sommer fast gleichzeitig variable Befestigungssysteme im Innenraum Einzug, die der Kunde individuell bestücken kann. Bei Mini heißt das Schienensystem "Center Rail", bei Opel "Flex Rail". In beiden Fällen ist die Funktion ähnlich: Verschiedene Elemente vom Becherhalter über den Aschenbecher bis zum CD-Ständer lassen sich in Schienen einklinken, verschieben und an nahezu jedem gewünschten Platz befestigen. Die Hersteller werden zum Start ihrer Autos eine erste Auswahl an Bauteilen anbieten. "Doch wir rechnen mit einer ähnlichen Dynamik wie beim iPhone und seinen Apps", sagt Meriva-Projektleiter Klaus Nüchter. "Die mechanischen Schnittstellen sind standardisiert, und jeder Zulieferer kann für jeden speziellen Zweck seine eigene Lösung anbieten." Das werde vor allem dann interessant, wenn auch andere Opel-Baureihen mit einem vergleichbaren System ausgestattet seien und man die Elemente vom Meriva in einen Insignia oder einen Corsa umstecken kann. Eine Vision, die für Nüchter durchaus denkbar ist: "Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt."

Marktforscher Margetts rät angesichts der vielen Möglichkeiten jedoch zur Zurückhaltung: "Je individueller ein Auto aussieht, desto schwerer könnte es werden, so einen Wagen später wieder zu verkaufen. Schließlich muss man dann jemand mit genau demselben Geschmack finden." Viele Hersteller haben dieses Risiko berücksichtigt: Anders als von der Haut kann man zum Beispiel die Tattoos des Citroën DS3 rückstandslos entfernen.