Studie zeigt: Die Fehlerquote des Fahrers steigt beim Telefonieren dramatisch an.

Hamburg. Am Steuer ist das Handy bekanntlich tabu. Wer beim Auto- oder Motorradfahren dennoch telefoniert, riskiert 40 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg. Fahrradfahrer zahlen 20 Euro. Grundsätzlich ist das jedem klar. Dennoch sind Mobiltelefone beim Fahren ein Dauerbrenner vor Gericht. "Fast jeden Monat findet sich eine neue Entscheidung zum Handyverbot", sagt Volker Lempp vom Auto Club Europa (ACE).

Das ist kein Wunder, denn laut einer Umfrage sehen die Deutschen das Telefonieren am Steuer locker: Eine Studie der Dekra ergab, dass 22 Prozent der Fahrer ohne Freisprecheinrichtung telefonieren. Das aber kann gefährlich werden: Untersuchungen haben gezeigt, dass die Fehlerhäufigkeit während des Telefonierens bis zu 15-mal höher ist. Besonders riskant ist es, während der Fahrt auf das Telefon zu schauen um beispielsweise eine Nummer aufzurufen.

Dabei ist nicht nur das Telefonieren verboten, sondern schlicht jede Handynutzung ohne Freisprechanlage. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied, dass das Ablesen der Uhrzeit vom Display ebenso ordnungswidrig sei wie das Lesen einer SMS oder einer Telefonnummer im Display (Az.: 2 Ss OWi 177/05; 2 Ss OWi 1005/02 und 2 Ss OWi 402/06). Entsprechend urteilte das OLG Jena bezüglich der Nutzung des Handys als Diktiergerät (Az.: 1 Ss OWi 82/06). "Sowie sie das Handy anfassen, ist es vorbei", sagt Jörg Elsner vom Deutschen Anwaltverein. Im Gesetz heißt es "in der Hand halten". Doch das bloße Umlagern des Geräts vom Ablagefach in die Mittelkonsole bleibt straffrei, entschied das OLG Köln (Az.: 83 Ss OWi 19/05). Und wenn das Handy beim Fahren in den Fußraum fällt, darf man es laut OLG Bamberg wieder aufheben, ohne einen Punkt zu riskieren (Az.: 3 Ss OWi 452/07).

"Sämtliche Bedienfunktionen sind aber vom Verbot umfasst", so Lempp. Das gilt laut OLG Köln selbst für das integrierte Navi (Az.: 81 Ss-OWi 49/08). "Anders nur, wenn das Handy in einer Halterung steckt und nicht berührt zu werden braucht", erläutert Maximilian Maurer vom ADAC. Irrelevant ist, ob es sich um ein klassisches Handy, einen Palm-Organizer oder ein Autotelefon handelt. "Wenn das Gerät die Funktion hat, dass man telefonieren kann, ist der Wortlaut des Gesetzes erfüllt", erläutert Lempp.

Grundsätzlich gilt: Sobald der Motor läuft, Finger weg vom Handy. Denn auch, wenn das Auto steht, etwa an einer roten Ampel, riskiert man ein Bußgeld. Wer zum Telefonieren auf dem Seitenstreifen hält, verdient nach Ansicht des OLG Düsseldorf sogar ein höheres Bußgeld als bloß 40 Euro (Az.: IV-2 Ss OWi 84/04). Die Begründung: "Der Seitenstreifen ist nur für den Fall einer Panne gedacht."

Im grünen Bereich ist dagegen, wer an einer roten Ampel flugs den Motor ausstellt, telefoniert und das Gespräch beendet, bevor er den Wagen wieder startet (Az.: 2 Ss OWi 190/07). So entschied das OLG Hamm. Straffrei bleibt theoretisch auch, wer das Handy nur nutzt, um mit dem Akku sein entzündetes Ohr zu wärmen. Allerdings glaubte das Gericht diese Ausrede nicht, der Ertappte musste zahlen (OLG Hamm, Az.: 2 Ss OWi 606/07). Genauso erging es einem Mann, der vor dem OLG Karlsruhe angab, er habe sich bloß mit seinem Akkurasierer die Barthaare gestutzt (Az.: 2 Ss OWi 528/06). Im Zweifelsfall glaube der Richter immer der Polizei, sagt Elsner. "Ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid lohnt nicht." Ganz ausweglos ist er aber nicht. So hob das OLG Karlsruhe die Geldbuße gegen eine Frau auf, da die Angaben des Polizisten "zu vage" gewesen seien (Az.: 1 Ss 135/08). Einen Einspruch sollte laut Lempp aber nur riskieren, "wer eine Rechtsschutzversicherung hat". "Bei wiederholten Verstößen kann es sogar passieren, dass die Fahrtauglichkeit infrage gestellt wird und man zum Idiotentest muss", warnt der ACE-Experte. So urteilte auch das OLG Jena (Az.: 1 Ss 54/06).

Kommt es zu einem Unfall, kann es richtig teurer werden. "Die Nutzung des Handys kann als grobe Fahrlässigkeit gedeutet werden", erklärt Elsner. Laut Maurer könnten dann Schäden nicht erstattet werden. Das Landgericht Kiel entschied auf 20 Prozent Mitverschulden bei einem unverschuldeten Unfall (Az.: 7 S 100/04). Doch auch, wer eine Freisprecheinrichtung benutzt, ist versicherungsrechtlich nicht auf der sicheren Seite. In einem Fall hatte ein Pkw-Fahrer bei Tempo 120 einen Anruf abweisen wollen, kam aus der Spur und fuhr auf einen Wohnwagen auf. Seine Vollkaskoversicherung verweigerte wegen grober Fahrlässigkeit den Schadenersatz. Zu Recht, entschied das LG Frankfurt (Az.: 2/23 O 506/600).