Mercedes verringert die Zugluft für die Passagiere auf den Rücksitzen. Und Audi macht seinen Roadster zum teuersten Serienmodell des Hauses.

Palma de Mallorca/Cap d'Antibes. Wer bisher in viersitzigen Cabrios hinten saß, wurde entweder respektvoll oder mitleidig betrachtet. Respektvoll, weil solche Autos meist sehr teuer waren; mitleidig, weil Zugluft das vermeintliche Freiluft-Vergnügen oft zur Tortur werden ließ. Letzteres vermeiden soll das neue E-Klasse-Cabrio, das nun ab 45 815 Euro geordert werden kann. Ein zusätzliches Windschott an der Oberseite des Scheibenrahmens (Aufpreis: 821 Euro) bringt nun spürbaren Komfortgewinn für die Hinterbänkler.

Das elektrisch ausfahrbare Bauteil hebt die Richtung des anströmenden Fahrtwindes an und verringert so die bei den Passagieren ankommenden Turbulenzen. Das System wird ergänzt durch ein zweites Windschott zwischen den hinteren Kopfstützen, das die Rückströmung in den Innenraum mindert. Simpel zwar, aber von der Wirkung her verblüffend ist die "Aircap" genannte Innovation. Bei ersten Testkilometern unter freiem Himmel fiel für den rückwärtigen Passagier nicht nur die Fahrtwindbelastung bis etwa 80 km/h deutlich frisurenschonender aus als üblich. Auch im ganzen Innenraum war das Geräuschniveau erheblich abgesenkt. Bei Geschwindigkeiten um 100 km/h, bei der Fahrer und Beifahrer in anderen Cabrios bei offenem Verdeck die Unterhaltung meist einstellen müssen, bleibt jetzt der donnernde Wind fast komplett draußen.

Kleiner Wermutstropfen: Die Nutzung des "Aircap" zwingt zu einer Entscheidung zwischen Schönheit und Komfort, denn der um etwa sechs Zentimeter vom Frontscheibenrahmen abstehende Windabweiser ist für das elegante Auto kein ästhetischer Gewinn. Kleiner Trost für die Passagiere: Beim Fahren sehen sie ihn nicht. Die intelligent veränderten Strömungswege beeinflussen auch die Temperaturverhältnisse. Bei acht Grad Außentemperatur und solidem Reisetempo auf dem Cabrio-Rücksitz eine mollige Wolke Heizungsluft spüren zu können, ist schon eine neue Erfahrung. Die Behauptung, das E-Klasse-Cabrio sei durch die aerodynamischen Veränderungen zum Ganzjahreswagen gereift, ist nachvollziehbar.

Das neue Cabriolet bietet die aus der E-Klasse bekannte Motorenpalette. Es gibt drei Diesel und vier Benziner mit vier, sechs oder acht Zylindern (170 bis 388 PS). Die gefahrene Version mit dem 204-PS-Dieselmotor zeichnete sich durch zupackende Kraftentfaltung und agiles Handling aus, aber beim Hochdrehen auch durch eine robuste Geräuschentfaltung, die im offenen Betrieb natürlich mit größerer Intensität wahrgenommen wird als unter dem mehrlagigen Stoffverdeck. Mit rund 5,6 Litern Normverbrauch gehört das Triebwerk zu den genügsamsten der Baureihe. Bis auf weiteres ist der 204 PS starke Diesel nur mit manueller Sechsgangschaltung oder für 1850 Euro Aufpreis mit einem automatischen Fünfganggetriebe zu haben. Eine Siebengangautomatik gibt es zunächst nur für die Modelle mit sechs und acht Zylindern, soll aber später auf die anderen Motorvarianten ausgedehnt werden, dann auch mit Start-Stopp-Funktion.

Elektronische Tempobegrenzung bei Luxuscabrios kommt aus der Mode. Auch bei der Roadsterversion des Sportwagens Audi R8: 313 km/h gibt der Hersteller als Spitzentempo an - in geschlossenem Zustand. Fast genau ein Jahr nachdem das R8 Coupé mit dem Zehnzylindermotor gestartet ist, beginnt der Verkauf der Freiluft-Variante. Das grundsätzliche Bekenntnis zum Stoffdach wird auch diesmal nicht in Frage gestellt. Die Textil-Sturmhaube ist nicht der einzige Unterschied zum Coupé. Große Lufteinlässe hinter den Türen versorgen den Spyder mit Frischluft, die der ohne Turbodruck atmende Direkteinspritzer reichlich braucht. Den nur 1,24 Meter hohen Zweisitzer prägt eine harmonische und nicht weniger dynamische Linienführung.

Gleichzeitig ist er das teuerste Serienfahrzeug, das derzeit mit den vier Ringen im Frontgrill zu haben ist. 156 400 Euro ruft der Hersteller für den Roadster auf. Um die Kunden, die so etwas nicht aus der Portokasse zahlen, nicht gleich zu verschrecken, wird eine Rechnung über das Ausstattungsniveau aufgemacht. Serienmäßig bietet der R8 Spyder ein Navigationssystem, LED-Scheinwerfer und eine Bang-&-Olufsen-Musikanlage, die trotz des kleinen Volumens der Passagierkabine einen respektablen Sound zustande bringt. Dass sie allzu oft zum Einsatz kommt, ist nicht zu erwarten, denn noch mehr Ohrenschmaus ist vom V10-Triebwerk zu bekommen. Kraftvoll und im Bedarfsfall bissig, wie von Ferne grummelnd oder mit drohendem Fauchen verschafft sich der 525 PS starke Mittelmotor Gehör. Die Melodien sind so sensibel austariert, dass der Geräuschpegel nie ins aufgesetzt Krawallige verfällt. Um Gewicht zu sparen, setzten die Konstrukteure auf reichliche Verwendung von Leichtbaumaterialien wie Kohlefaser-Verbundwerkstoff, Magnesium und Aluminium. Dennoch war es nicht zu vermeiden, dass das Cabrio mit 1720 Kilo rund zwei Zentner schwerer ist als das Coupé. Wegen der fehlenden festen Dachstruktur muss bei Fahrzeugen mit Varioverdeck die nötige Steifigkeit durch zusätzliche Verstrebungen im Unterbau erreicht werden. Ein leichtes Stoffdach - es wiegt inklusive Bewegungsapparat nur 42 Kilogramm - hat noch einen weiteren Vorteil. Es hält den Fahrzeugschwerpunkt niedrig und fördert so die dynamischen Qualitäten des Sportwagens.

Geschaltet wird wahlweise mit einem manuellen Sechsganggetriebe oder mit der sequenziellen Automatik, die ebenfalls sechs Stufen besitzt. 530 Newtonmeter Drehmoment zerren am Antriebsstrang und man kann sich glücklich schätzen, dass die Kraft auf alle vier Räder übertragen wird. Den Boliden feinfühlig zu dirigieren, ist kein Problem, denn die Lenkung ist präzise und gibt konsequente Rückmeldung an den Fahrer. Obwohl extrem entspannend zu fahren, ist das serienmäßig mit 19-Zoll-Alurädern bestückte Lustobjekt für eine Bestimmung völlig untauglich: als Urlaubsmobil. 100 Liter Gepäckraum zwingen zu Kurztrips, doch der Trost der Audianer wird gegen Aufpreis mitgeliefert: Ein Kofferset, das jeden Kubikzentimeter Raum unter der Fronthaube optimal ausnutzt.