PS-Protze dürfen noch nicht fehlen, aber Hybridautos stehen bei fast allen Herstellern nun im Mittelpunkt des Messe-Auftritts.

Genf. Böse Zungen könnten behaupten, der Genfer Autosalon sei eine einzige Trotzreaktion der Hersteller. Denn alle Welt redet davon, dass der Neuwagenverkauf 2010 katastrophal ausfallen wird. Dass - wenn überhaupt - nur günstige Fahrzeuge geordert werden. Doch im Scheinwerferlicht steht in den Messehallen kommende Woche wieder einmal vor allem viel Teures und Schickes - so, als hätte sich in der Autowelt nichts verändert.

Als wichtigste Neuheit der deutschen Hersteller gilt tatsächlich ein Kleinwagen - wenn auch kein günstiger. Audi zeigt nämlich den A1, der dem Mini von BMW ernsthafte Konkurrenz machen soll (das Abendblatt berichtete). Ein Premium-Modell, das - ohne dass die Preise bekannt sind - entsprechend teuer bezahlt werden muss. Um Aufmerksamkeit wird sich auch der Countryman bemühen - als erster Mini mit vier Türen und mehr als vier Meter Länge.

Viele der Neuheiten aus Deutschland rangieren aber noch ein paar Preisregionen darüber. Das gilt für den neuen 5er und den X5 von BMW ebenso wie für Coupé und Cabrio der 3er Reihe, die allesamt aufgefrischt wurden. Viel Beachtung dürfte die Neuauflage des Porsche Cayenne finden. Das kraftstrotzende Geländemobil hat knapp 200 Kilo abgespeckt und verbraucht auch dank aufgewerteter Technik künftig bis zu 23 Prozent weniger Sprit. Ausgestellt wird auch eine Hybridversion (Normverbrauch: 8,2 Liter, Preis: ab 78 636 Euro).

Das weitgehend baugleiche Fahrzeug findet sich auch auf dem VW-Messestand als neuer Touareg. Daneben präsentieren die Wolfsburger endlich einen Nachfolger für den seit Mitte der 90er gebauten Sharan. Als weitere Premieren zeigen sich erstmals der Polo GTI (mit 180-PS-Motor) sowie der CrossGolf (für behutsame Ausflüge abseits der Straße). Von Opel kommt als kleiner Van der neue Meriva mit seinen gegenläufig öffnenden Türen sowie eine elektrisch betriebene Zukunftsstudie. Wer es etwas klassischer mag, kann einen ersten Blick auf den neuen Ford Focus werfen, der aber erst in einem knappen Jahr zu den Händlern kommt.

Natürlich hat auch die internationale Konkurrenz einiges in Genf zu bieten. Alfa Romeo zum Beispiel hat sich von den bisherigen Nummernspielen bei der Modellbezeichnung wieder verabschiedet, und stellt den Nachfolger des 147 als Giulietta vor - ein klangvoller Name aus der erfolgreichen Vergangenheit des Autobauers. Noch eine Nummer größer geht es bei Volvo zu: Hier steht das Mittelklasse-Modell S60 im Mittelpunkt, das auch eine neue und deutlich markantere Formensprache der schwedischen Marke einläutet.

Dass es sich beim Automobilsalon um eine Frühjahrsmesse handelt, zeigen die neuen Cabriomodelle. Mercedes öffnet das Dach der E-Klasse und sorgt mit zahlreichen Komfortextras für ganzjähriges Wohlbefinden. Renault verpasst zum einen dem Twingo ein Klappdach und nennt den so entstandenen Roadster "Wind", zum anderen feiert das neue Mégane Coupé-Cabrio mit einem vollverglasten Klappdach Premiere. Um Design und das Erscheinungsbild der ganzen Marke geht es bei Peugeot. Hier bietet eine Studie einen Ausblick auf das Peugeot-Design der Zukunft. Merkmal des Concept Cars SR1 ist ein markanter Kühlergrill zwischen schlitzförmigen Scheinwerfern - eine Kombination, die bald auch in Serienmodellen zu finden sein soll.

Das Thema Hybridantrieb wird immer wichtiger. BMW zeigt die Kraft der zwei Herzen in der 5er Reihe. Mercedes rollt zu diesem Thema die Studie F800 Style ins Rampenlicht, die vom weiterentwickelten Hybridantrieb der S-Klasse bewegt wird. Selbst ein Dieselaggregat lässt sich in Kombination mit einem Elektromotor einsetzen. Sportlich sparen könnte das Motto bei Opel heißen. Die Studie Flextreme GT/E kombiniert die weiterentwickelte Technik des Elektroautos Ampera mit besserer Aerodynamik. Machen die deutschen Hersteller noch vorsichtige Hybridschritte, wollen die Japaner bereits neue Zielgruppen für die Öko-Technik erschließen. Für Kunden, denen der tropfenförmige Prius zu exotisch ist, hat Toyota seinem Brot-und-Butter-Auto Auris einen Hybridantrieb verpasst. Einen ähnlichen Weg geht Schwestermarke Lexus mit seinem ersten kompakten Hybridmodell für den europäischen Geschmack.

Bleibt die Frage nach dem Blick in die Zukunft, den Ideen für alternative Antriebe und Konzepte. Hier kommt die wohl interessanteste Neuheit des Genfer Autosalons aus der Schweiz selbst. Sorgt doch die Firma Rinspeed traditionell mit Prototypen für Aufsehen. Früher waren das ungewöhnliche Sportwagen ohne Chance auf eine Serienfertigung - heute ist es mit dem "UC?" ein Kleinwagen mit Elektroantrieb. Zum 2,50 Meter langen Concept Car gibt es noch ein komplett durchdachtes Mobilitätskonzept, das nicht nur für die Stadt taugt. Um weite Strecken zurücklegen zu können, so die Vorstellung von Vordenker Frank Rinderknecht, ließe sich der Wagen sogar in einem Zug ans gewünschte Fahrtziel transportieren.