Hilfsbereitschaft macht sexy, fanden britische Wissenschaftler an der Uni Nottingham heraus. Schade, dass das Forscher-Fazit aus der Heimat von Robin Hood noch nicht bei uns angekommen ist. Neulich Abend am Schulterblatt. Draußen herrschen minus sieben Grad, die sich wie minus 20 anfühlen. Dicke Flocken fallen vom Himmel und verwandeln unsere schöne Stadt in eine magische Braut. Wirklich hübsch, denke ich. Wie gern würde ich auf dieser Hochzeit tanzen. Doch meine Füße in den viel zu dünnen Strümpfen wollen nur eins: schnell nach Haus. Die Elektrolyten meiner Batterie lässt das kalt. Sie hüsteln nur verschnupft.

So stapfe ich durch den Schnee und hoffe auf Hilfe. Schicke Schlitten schlittern an mir vorbei. Hinter jedem Steuer ein gestylter Adonis, der dumm glotzend mein Halt-Handzeichen ignoriert. Nach einer gefühlten Ewigkeit - meine Beine spüre ich schon lange nicht mehr - ändere ich meine Taktik und frage drei gut gebaute Jungs, ob sie mich kurz anschieben. Ihre Antwort besteht aus zwei Buchstaben: NÖ. Das "keine Zeit" verliert sich im Rauschen meiner Fassungslosigkeit. Und während ich mich frage, was für ein mieser Film hier eigentlich läuft, hält plötzlich doch noch einer. Begleitet, so erscheint es mir, von einem himmlischen Lichtkegel und engelhaften Halleluja-Klängen. Mit Überbrückungskabeln in der Hand bitte ich meinen Retter, seine Batterie freizulegen. Er guckt mich an, als hätte ich ihn nach der Lösung für den Weltfrieden gefragt. Die nackten Plus- und Minus-Pole lassen meinen Held drei Schritte zurückschrecken. Als wäre die kleine 12-Volt-Batterie eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg.

Ich denke an Werner. Den Rentner traf ich auf einer Kieler Tankstelle. Ich kam gerade mit meiner "neuen" Amazone aus Schweden und suchte verzweifelt den Schalter, um das Fernlicht auszuschalten. Werner quetschte seinen opulenten Körper unters Lenkrad, prüfte Kabel und Sicherungen, schraubte Lampen ab und an und versorgte mich mit Karamellbonbons. Gefunden hat er den Schalter zwar nicht. Aber zu Weihnachten bekam ich ein Päckchen mit Oldtimerheften und selbst gestrickten Socken. Ab jetzt will ich im Winter immer Werners Socken tragen. Denn sie wärmen nicht nur meine Füße, sondern auch mein Herz.

Daniela Pemöller fährt einen Volvo Amazon, Baujahr 1965. Alle 14 Tage schreibt sie ein Postskriptum rund ums Auto.