Im Jahr eins nach der Abwrackprämie sagen Experten stark rückläufige Verkaufszahlen voraus. Hoffnungsträger: Passat, Focus und 5er BMW.

Hamburg. Zahlreiche Neuheiten quer durch alle Pkw-Klassen sollen im Jahr eins nach der Abwrackprämie de Kauflust der deutschen Autofahrer anheizen. Vor allem die heimischen Hersteller zünden 2010 ein Modellfeuerwerk - vom Kleinwagen bis zur Luxuslimousine.

Mit Spannung erwartet wird die Rückkehr von Audi in die Cityflitzer-Klasse. Ab Mitte des Jahres will der kleine Audi A1 im Revier des Mini von BMW wildern. Gelingen soll das mit aufpolierter Technik vom Schwestermodell VW Polo sowie einem Design ganz im Stil der Marke. Ein wirtschaftlicher Flop wie beim längst eingestellten Modell A2, das zwar technisch herausragend, aber optisch eher gewöhnungsbedürftig war, soll sich nicht wiederholen. Aber auch Wettbewerber Mini bleibt nicht untätig. Im Sommer ergänzt die SUV-Version Colorado die Angebotspalette der Lifestyle-Kleinwagenfamilie. Kennzeichen sind eine höher gelegte Karosserie und Anbauteile in Offroad-Optik. Allradantrieb gehört hingegen nicht zur Standardausstattung; alle Motorversionen sind auch mit reinem Frontantrieb zu haben.

Ein zweiter Schwung neuer Kleinwagenmodelle kommt dann Ende 2010 zum Händler: Erwartet werden die neuen Generationen von Fiat Panda und Toyota Yaris sowie der Lancia Deltina, der das aktuelle Modell Ypsilon ersetzt. VW bringt zudem die Stufenheckversion des Polo auf den Markt, die in Deutschland aber traditionell wenig nachgefragt wird.

In der Kompaktklasse kommt mit dem Ford Focus nach VW Golf und Opel Astra auch der Dritte im Bunde der großen Absatzbringer in neuer Generation auf den Markt. Debüt feiert das für einen globalen Markt entwickelte Modell bereits Anfang des Jahres auf der Automesse im US-amerikanischen Detroit, beim deutschen Händler gibt es ihn aber erst im Herbst. Bei Opel steht nach der bereits erfolgten Premiere des fünftürigen Astra die Kombiversion vor der Tür. Diese firmiert statt als "Caravan" künftig als "Sports Tourer", was einen nicht primär an maximalem Ladevolumen interessierten Design-Kombi erwarten lässt.

Eher auf den besonderen Geschmack als auf den Durchschnittsverbraucher zielt ab dem Frühjahr der neue Alfa Romeo Giulietta. Der Nachfolger des Alfa 147 setzt auf italienischen Chic mit Rundscheinwerfern und Retro-Elementen an der Karosserie, Technikfans soll der sparsame und durchzugsstarke Multi-Air-Motor mit variabler Ventilsteuerung locken. Ungefähr zur gleichen Zeit komplettiert VW mit der Stufenhecklimousine Jetta seine in den vergangenen Monaten erneuerte Kompaktfamilie. Für Mitte des Jahres wird zudem der neue Citroën C4 erwartet.

In der automobilen Mittelklasse tummeln sich zahlreiche Premieren. Komplett neu kommt im Sommer der Dauerbestseller VW Passat auf den Markt. Bei nahezu unveränderten Abmessungen sollen vor allem Fahrwerk und Geräuschdämmung weiter verbessert werden. Das Design des Mittelklässlers wird dem vom Golf bekannten neuen Markengesicht angepasst. Marktstart ist im Sommer. Bereits im Frühjahr kommt eine Klasse höher der neue BMW 5er zum Händler: Das Stufenheckmodell wendet sich vom polarisierenden Design des Vorgängers ab und tritt als wohlproportionierte Limousine mit langer Motorhaube und ruhiger Linienführung auf. Audi will mit dem neuen A8 seinen Platz in der automobilen Luxusklasse verteidigen. Die Limousine streckt sich auf eine rekordverdächtige Länge von 5,14 Metern, die Motorenpalette gibt sich deutlich sparsamer als beim Vorgängermodell. Im Frühjahr geht das Coupé A7 an den Start, das eine besonders sportliche Optik bieten soll. Auch für diesen Neuling steht die Konkurrenz in Gestalt des neuen Mercedes-Benz CLS bereit. Die schwäbische Neuauflage des Ur-Vaters aller viertürigen Coupés startet im Herbst. Überhaupt: Coupé-Elemente setzen sich auch bei repräsentativen Limousinen immer mehr durch, wie später im Jahr auch der neue Jaguar XJ und der Aston Martin Rapide zeigen.

Eher an Familien als an Chefs und Handlungsreisende richten sich die neuen Vans und SUV. Mit der neuen Generation des VW Sharan geht im Frühjahr einer der Klassiker unter den großen Familienkutschen in die nächste Runde. Deutlich gewachsene Abmessungen und seitliche Schiebetüren sollen Raumangebot und Nutzwert noch einmal erhöhen. Kurz nach dem Wolfsburger kommt auch das Schwestermodell Seat Alhambra zum Händler. Ford hält im Frühjahr mit dem Grand C-Max dagegen, einer siebensitzigen Langversion des Kompakt-Vans C-Max, der zeitgleich erwartet wird. Opel tritt in der Raumgleiter-Klasse mit dem Minivan Meriva an, der über gegenläufig öffnende Fondtüren verfügt und ein neuartiges Sitzkonzept bieten soll.

Der SUV-Boom ist zunächst vorbei. 2010 feiern aber zwei besonders erfolgreiche Modelle ihre Neuauflage: der Porsche Cayenne und das Schwestermodell VW Touareg. Für einen geringeren Verbrauch der Luxus-Allrader soll dann unter anderem der erstmals angebotene Hybridantrieb sorgen. Ebenfalls in neuer Generation startet Ende des Jahres der BMW X3, der wohl vor allem ein ausgewogeneres Fahrwerk und mehr Platz erhält.

Bei den Sportwagen dürfte der Mercedes-Benz SLS AMG zum Star des Jahres werden. Der Flügeltürer in der Tradition des legendären Mercedes 300 SL kommt im Frühjahr auf den Markt und tritt in die Fußstapfen des auslaufenden Supersportwagens Mercedes SLR McLaren.

Insgesamt steht den Herstellern aber eine schwierige Zukunft bevor. Diejenigen, die im abgelaufenen Jahr von der staatlichen Abwrackprämie am meisten profitierten, werden in den kommenden Monaten heftige Absatzrückgänge verkraften müssen. Das prognostiziert eine Studie des Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen. Größter Verlierer des kommenden Jahres wird demnach Volkswagen - mit einem prognostizierten Rückgang von rund 30 Prozent. Dahinter rangieren Opel und Ford. Auch die Kfz-Importeure, 2009 noch mit zweistelligen Zuwächsen erfolgreich, werden der Studie zufolge schwer gebeutelt. So dürften Fiat und Hyundai rund die Hälfte ihres Absatzes aus dem Abwrackprämien-Jahr verlieren. Nicht viel besser wird es Dacia und Suzuki ergehen. Einigermaßen glimpflich kommen die französischen Hersteller Peugeot und Renault davon. Insgesamt rechnet die Studie für 2010 mit nur noch knapp 2,8 Millionen Neuzulassungen, im aktuellen Jahr dürften 3,8 Millionen Pkw neu auf die Straße kommen.

Einzige Gewinner 2010 sind Premiumhersteller wie BMW, Porsche, Jaguar und Land Rover. Audi und Mercedes-Benz müssen hingegen einen leichten Rückgang hinnehmen.

Für den deutschen Pkw-Handel ist die Situation 2010 noch bedrohlicher als für die international operierenden Hersteller, die auf gute Geschäfte in China und Indien hoffen können. Die Verfasser der Studie rechnen hierzulande mit 4000 Händler-Pleiten im kommenden Jahr. Neben dem starken Absatzrückgang spielen dabei auch die aus dem Gleichgewicht geratenen Gebrauchtwagenpreise eine Rolle. Vor allem die extrem gesunkenen Restwerte von Leasing-Fahrzeugen belasten die Bilanzen.