Keiner hat auf ihn gewartet, doch jetzt ist er da: Nissan-Ableger Infiniti eröffnet an diesem Wochenende in Hamburg seinen ersten Showroom.

Hamburg. Ja, es habe sicher schon bessere Zeiten gegeben, um ein neues Produkt auf dem Markt einzuführen, bekennt Ben Günther. Selbstbewusst steht der Geschäftsführer des ersten deutschen Infiniti-Centers dennoch in den lichtdurchfluteten Verkaufshallen am Ausschläger Weg. Es geht um Infiniti, die Luxusmarke von Nissan. Nur 30 Prozent der europäischen Autofahrer kennen sie, meist aus Amerika. Denn dort flirtet die glamouröse Nissan-Schwester seit 20 Jahren erfolgreich mit den Kunden der Konkurrenten Lexus, BMW oder Porsche.

Nun soll der europäische Markt erobert werden. 22 von 78 geplanten Zentren gibt es bereits. In Hamburg fällt heute Abend mit einer Veranstaltung für geladene Gäste der Startschuss für Deutschland, zehn weitere Zentren sollen folgen. "Bis 2013 wollen wir in West-Europa 20 000 Autos verkaufen", verrät Infiniti-Sprecherin Nathalie Greve. Ein ambitionierter Plan.

Denn die Autos der Japaner fallen ins Oberklassensegment (ab 40 000 Euro) - dem am härtesten umkämpften Markt überhaupt. In Zeiten der Finanzkrise, wo die Premium-Produkte aller Hersteller einbrechen, wird es noch schwieriger, Fuß zu fassen. Toyota verbuchte beim Nobel-Ableger Lexus Einbußen von über 21 Prozent. Porsche verkaufte im vergangenen Geschäftsjahr 25 Prozent Cayennes weniger. Und BMW vermeldete beim X5 fürs erste Halbjahr 2009 sogar ein Absatzminus von über 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Zahlen, die Ben Günther, seit 30 Jahren Nissan-Händler, nicht abschrecken Er sieht eine Chance für Edelmarken mit einem Schuss Understatement - und investiert: Zwei Millionen Euro verschlangen allein die Baukosten des 800 Quadratmeter großen Showrooms.

Nach einem Jahr war das, was Infiniti die Total Ownership Experience nennt, fertig. Ein lounge-artiger Verkaufsraum, der eher an eine gemütliche Hotellobby erinnert als an ein Autohaus. Nachdem der Kunde am Empfang Mantel und Schirm abgegeben hat, bekommt er an der Bar Kaffee oder Kaltgetränke gereicht. Dann lässt er sich ganz genüsslich in die bequeme Designercouch fallen, nippt an seinem Latte macchiato und lauscht den wohligen, eigens komponierten Coffehouse-Klängen und der Stimme des Verkäufers. Wären da nicht die sieben kunstvoll ausgeleuchteten Fahrzeuge, fast könnte man vergessen, worum es hier eigentlich geht.

Doch bevor man es sich allzu gemütlich macht, wird der 57-Zoll-Bildschirm in HD-Qualität angeworfen. "Unser I-View", erklärt Brendan Holohan, Customer Quality Manager von Infiniti, und drückt auf das interaktive Konfigurations-Display. "Hier kann der Kunde ganz individuell Farben, Felgen und Innenausstattung wählen und sein Wunschmodell aus verschiedenen Perspektiven in 3D-Optik betrachten."

Fünf Baureihen bietet Infiniti in 13 Modell- und Ausstattungsvarianten: den G37 als Limousine, Coupé und Cabrio; den EX37 als Crossover-Coupé und die Crossovermodelle FX37 und FX50S. Im nächsten Jahr kommt noch die Oberklasse-Limousine M hinzu. Auf den ersten Blick kann diese Modellreihe gegen die etablierten Edelmarken durchaus mithalten: Ansprechende Optik, gutes Fahrgefühl, hochwertige Innenausstattung gepaart mit einem verhältnismäßig günstigen Preis und einer langen Liste an Serienausstattung sind starke Verkaufsargumente. Für Kopfschütteln sorgen hingegen das Fehlen von Spritspartechnik, Dieselmotor (soll erst im nächsten Jahr kommen) und Hybrid (ab 2011).

Doch das größte Problem von Infiniti heißt Image. Das wollen die Japaner mit noch mehr Service aufbauen: Ein kostenloser Hol- und Bring-Service im Umkreis von 250 Kilometern gehört genauso dazu wie das kostenlose Abschleppen bei einer Panne - Ersatzauto, Weiterflug in der Business-Class und Übernachtung im Premiumhotel inklusive. Und um die Konkurrenz zu ärgern, setzt man noch einen drauf: Diese Offerte gilt auch, wenn der Kunde nicht im Infiniti unterwegs ist, sondern in einem anderen Auto.

Aber ob das alles reicht? Autos in diesem Segment sind immer auch Statussymbole, und wer will einen Wagen fahren, den keiner kennt? "Individualisten", antwortet Ben Günther. "Jemand, der es nicht nötig hat, sich über eine Marke zu definieren. Der nicht der Zwanzigste X5-Fahrer im Freundeskreis sein will." Und davon gibt es genug. Er habe bereits Autos im dreistelligen Bereich verkauft. An Weinhändler, Künstler, Werber. Ben Günther nennt diese Menschen "quiet rebel", stiller Rebell. "Wer ein Auto als Statussymbol braucht, wird keinen Infiniti fahren. Wir wissen selbst, dass wir keine Konkurrenz für die deutschen Hersteller werden", sagt der 44-Jährige.