Dem Spaltmaß kommt bei der Auto-Entwicklung eine besondere Bedeutung zu.

Hamburg. Wenn Antonio Gloria zum Messinstrument greift, kann er über Lineal und Zollstock nur lachen. Denn statt für den Zentimeter lebt der Audi-Ingenieur für viel kleinere Einheiten. Er arbeitet als einer von mehr als 2000 Experten in der Qualitätssicherung und wacht über den "Meisterbock". Noch bevor die Produktion beginnt, wird auf diesem Aluminiumgerüst ein Fahrzeug so aufgebaut, wie es in der Konstruktion vorgesehen ist, erläutert Gloria: "So wird der Meisterbock zum Urmeter jedes neuen Modells, das bis auf den Hundertstelmillimeter als Referenz für alle künftigen Serienteile gilt."

Diese Genauigkeit nehmen sich immer mehr Hersteller zu Herzen. "Qualität ist, was man sehen, hören, spüren und fühlen kann", umreißt Audis oberster Kontrolleur Werner Zimmermann das Aufgabenspektrum. Der Fuge oder dem Spaltmaß, also dem Abstand zwischen zwei Bauteilen, kommt dabei als sichtbarstem Qualitätsmerkmal eine besondere Bedeutung zu. "Hier gilt eine einfache Vorgabe", erläutert Gloria: "So breit wie nötig und so dünn wie möglich."

Zwar haben alle das Ideal von der Nullfuge; weil sich Autos beim Fahren aber minimal verwinden und sich die Bauteile bei Temperaturschwankungen verändern, brauchen sie etwas Spiel, das auf dem Meisterbock definiert wird. "Die breiteste Fuge, der Abstand zwischen Türen und Rahmen, misst bei uns nur 4,5 Millimeter", sagt Gloria. Die dünnsten findet man im Innenraum, wo zwischen Teilen oft nur 0,3 Millimeter bleiben - "Ameisenrennbahn" nennen das die Entwickler. "Qualitätssicherung beginnt schon in der Entwicklung", sagt Mercedes-Cheftester Ulrich Mellinghof. Die schlimmsten Prüfungen lauern aber nicht bei Testfahrten in Südafrika oder in Schweden, sondern im heimischen Sindelfingen: Dort werden die Prototypen zu Marterfahrten auf Simulatoren geschnallt und geschüttelt und gerüttelt wie ein Cocktail. "Damit simulieren wir den sogenannten Heide-Dauerlauf, bei dem wir unsere Autos in den 50er-Jahren auf Nebenstrecken rund um Lüneburg getestet haben", erläutert Mellinghof den Rodeoritt der Erlkönige. Jeder Kilometer in diesem virtuellen Folterprogramm entspricht 150 Kilometern auf der Straße: "Was da nach 2000 Kilometern nicht knistert oder klappert, wird später auch dem Kunden keine Sorgen machen", lautet die Philosophie der Tester.

Bei Opel gibt es nicht nur einmal im Monat einen Qualitätszirkel mit der Führungsspitze. In jedem Werk stehe täglich auch ein "Find it, fix it"-Treffen an, bei dem Störungsmeldungen und Problemfälle von Kundenfahrzeugen besprochen werden. "Da müssen die Verantwortlichen dann unmittelbar Lösungen vorschlagen, die binnen 24 Stunden überprüft werden", erläutert Ingenieur Wolfram Liedtke das Prozedere. Zwischen acht und zwölf Fälle pro Tag werden dort diskutiert.

Nicht immer allerdings liegt die Schuld für solche Probleme beim Hersteller, sagt Audi-Experte Eckhard Peithmann. Als Mitglied des "Knister-Knaster"-Teams spürt er Störgeräusche im Auto auf und wäre am Rascheln in einem Kundenfahrzeug fast verzweifelt: "Bis nach vielen Tagen im Labor endlich jemand den Christophorus am Spiegel als Lärmquelle identifiziert hat."

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