Die weniger für Designexperimente bekannte Löwenmarke bricht mit den Konventionen. Verantwortlich für die Formgebung ist der Deutsche Boris Reinmüller.

Hamburg. Schon das Kürzel RCZ an sich ist eine Besonderheit: Steht es doch für den ersten Peugeot ohne eine einfache oder doppelte Null in der Modellbezeichnung. Wie einst mit dem 205 GTI oder dem 406 Coupé bricht die sonst weniger für gewagte Designexperimente bekannte Löwenmarke endlich mal wieder mit den Konventionen. Schon bei der Premiere auf der Frankfurter IAA 2007 spaltete der damals noch als Studie vorgestellte Franzose die Besucher in zwei Lager. Die einen liebten, die anderen verschmähten das vom Deutschen Boris Reinmöller (34) gestylte Coupé. Mitte September wird es zur IAA 2009 als Serienversion die Messebesucher erneut nicht gleichgültig lassen.

Um es vorweg zu nehmen: Ein französischer Audi TT ist der RCZ nicht. Dafür ist der vom nächsten Frühjahr an zu Preisen ab etwa 30 000 Euro startende Franzose deutlich volkstümlicher positioniert als der Audi. Zudem gleicht er ihm stilistisch nur in wenigen Details. "Unser Auto hat kein Fließheck, sondern einen richtigen, optisch wahrnehmbaren Kofferraum", betont der im Osnabrücker Land aufgewachsene Reinmöller. Der einzige Deutsche in der Designabteilung von Peugeot hatte bis auf die von der 308 Limousine übernommene Front ("Die ist wie gemacht für ein Coupé") freie Hand für ein knackiges Modell mit zwei vollwertigen und zwei - gelinde gesagt - Notsitzen. Die größten Spannungsmomente erzeugte er mit den beiden in Aluminium-Optik ausgeführten seitlichen Dachbögen und dem markanten Knick oberhalb der Türgriffe. "Der war nötig, um die leicht abfallende, Beschleunigung suggerierende Seitenlinie mit dem höheren Heck zu verbinden", erklärt Reinmöller. Er nennt den kleinen Versatz ob seiner Form auch "virgule", was im französischen "Komma" heißt.

Kein Komma, sondern ein dickes Ausrufezeichen setzte er am Dach. Die bis in die Heckscheibe durchgezogene doppelte Wölbung erinnert frappant an ein vom italienischen Designhaus Zagato gepachtetes Motiv. Insgesamt wirkt dieses auch bei der Chevrolet Corvette zu findende "double bubble"-Motiv beim RCZ wie eine riesige Kaffeebohne. Zur starken Prise Peugeot und etwas Audi-Gewürz kommt am sehr lang gezogenen Heck gar noch ein leichtes Aroma Karmann Ghia. Die Form der hinteren Kotflügel und das abfallende Dach erinnern an jenes Coupé, das ebenfalls in Reinmöllers Heimat Osnabrück entstand. Ein Zufall?

Insgesamt ist der RCZ also ein Auto, das anders als ein Audi TT weniger wie aus einem Guss wirkt - und trotzdem ein Blickfang erster Güte ist. Reinmöller, Absolvent der als Talentschmiede bekannten Designhochschule Pforzheim, betont die "lauernde" Haltung und die bewusst weit nach vorn gerückte Kabine des RCZ. "So wollen wir zeigen, dass das Auto Frontantrieb hat."

Innen übernimmt der RCZ das Grundlayout der 308 Limousine, gönnt sich aber ein paar exklusive Details. Wie die in die mittlere der drei zentralen Luftaustrittsdüsen integrierte Analog-Uhr und wertvollere Materialien, darunter auch eine Volllederausstattung in weichem Nappa. Im Gegensatz zum klaustrophobischen Fond ist das Kofferraumvolumen durchaus manierlich: 321 bzw. 639 Liter (nach Umlegen der Rücksitze) lassen Raum für Golfbag, Kinderwagen oder Klappfahrrad.

Drei Motoren bietet Peugeot zum Marktstart im Frühjahr 2010 an: Als erstes Modell der Marke erhält der RCZ einen 200 PS starken Benzindirekteinspritzer, der gemeinsam mit BMW entwickelt wurde. Damit beschleunigt der gallische Scirocco-Gegner in 7,6 Sekunden auf 100 km/h, verbraucht aber im Normzyklus nur 7,1 Liter/100 km. Darunter angesiedelt ist eine ebenfalls 1,6 Liter große Variante mit 156 PS, die es ab Sommer 2010 alternativ auch mit einer sequenziell schaltbaren Automatik gibt. Dazu kommt ein 2,0-Liter-HDI-Diesel mit 163 PS.

Peugeot verspricht den RCZ-Fans schon jetzt ein deutlich dynamischeres Fahrverhalten als im kommoden 308. Weil man sechs Zentimeter niedriger sitzt, duckt sich der RCZ nur 1,32 Meter hoch in den Wind. Zugleich erhielt er eine deutlich verbreiterte Spur, ein 40 Millimeter tiefer gelegtes Fahrwerk und - im 200-PS-Topmodell - eine versteifend wirkende vordere Domstrebe. Ein in zwei Stufen ausfahrender Heckspoiler drückt den mit 18- oder 19-Zoll-Reifen bestückten Provokateur bei höherem Tempo auf den Asphalt. Gebaut wird der wohl aufregendste Peugeot seit Jahren bei Magna Steyr in Graz.