Experten warnen: Schon nach kurzer Zeit lassen hohe Temperaturen im Wagen den Fahrer ermüden.

Hamburg. Der Sommer ist für viele Menschen die schönste Jahreszeit. Für Autofahrer gilt das nicht ohne Einschränkung - wer hat nicht schon mal über die Affenhitze geflucht, wenn er in ein brütend heißes Auto steigen musste oder schwitzend auf einer flimmernden Autobahn im Stau feststeckte? Autos heizen sich in der Sonne enorm auf, und wenn nicht eine Klimaanlage für Abkühlung sorgt, wird es für die Insassen schnell ungemütlich.

Hitze im Auto steigert aber außerdem die Unfallgefahr. Zwischen der Innenraumtemperatur und der Kondition von Autofahrern besteht ein enger Zusammenhang. "Hohe Temperaturen führen nach relativ kurzer Zeit zur Ermüdung", sagt Jörg Ahlgrimm von der Dekra in Stuttgart. Die Konzentration leidet, die Unfallgefahr steigt. Deshalb die Klimaanlage voll aufzudrehen, ist aber keine gute Idee. Idealerweise wird eine Temperatur zwischen 18 und 23 Grad gewählt. Wichtig ist, dass die Klimaanlage nicht dauerhaft im Umluftbetrieb arbeitet - dabei nimmt der Sauerstoffgehalt ab, was ebenfalls zur Ermüdung führt. Außerdem sollten die Luftaustrittsdüsen nicht auf den Körper gerichtet sein, sonst besteht Erkältungsgefahr.

Die Hersteller versuchen mit einigen Tricks, die Hitze gar nicht erst ins Fahrzeug hineinzulassen: Zwei Ansätze sind Wärmeschutzglas und Polster mit Spezialbeschichtung. Anders als oft vermutet, hat die Farbe des Lacks auf die Innenraumtemperatur jedoch keinen nennenswerten Einfluss. Die Temperaturunterschiede im Innenraum sind nach Angaben von Jörg Ahlgrimm bei identischen Fahrzeugen mit unterschiedlicher Lackierung "nur marginal". Der wesentliche Anteil der Wärmestrahlung gelange über die Fensterflächen hinein.

"Ein Auto heizt sich nicht über den Lack auf, sondern über das Glas", bestätigt Michael Golek vom Lackhersteller BASF Coatings in Münster. "Es ist eine Mär, dass schwarze Autos im Sommer wärmer sind als weiße." Allerdings sind die Glasflächen bei modernen Autos in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Viele Hersteller statten ihre Modelle daher mit Wärmeschutzverglasung aus. Laut Dekra-Experte Ahlgrimm besteht sie in der Regel aus einer Metallfolie im Glas, welche die wärmende Infrarotstrahlung des Sonnenlichts reflektiert. Vorteil: Die Wärmestrahlung wird schon in der Scheibe zurückgeworfen und gelangt gar nicht erst in den Innenraum.

Die Beschichtung im Scheibenverbund funktioniert nach Angaben des Automobilglas-Zulieferers Saint-Gobain Sekurit in Herzogenrath "wie ein Spiegel". Bei einem in der Sonne geparkten Auto sei die Temperatur damit im Bereich der Kopfstütze um fünf Grad niedriger, Lenkrad und Armaturenbrett seien um elf Grad kühler als bei einem Fahrzeug ohne Wärmeschutzverglasung. Die notwenige Zeit, um eine für die Insassen komfortable Innenraumtemperatur zu erreichen, verringere sich um ein Drittel. Bei getöntem Glas, das oft für die hinteren Scheiben verwendet wird, gelangten 52 bis 66 Prozent der Wärme nicht ins Fahrzeug.

Aus diesen Gründen greifen die Hersteller oft auch dann zu Wärmeschutzglas, wenn eine Klimaanlage an Bord ist: Diese muss dann weniger Arbeit leisten, was den Spritverbrauch schont, und kann insgesamt kleiner ausgelegt werden. "Die Investition in Wärmeschutzglas zahlt sich durchaus aus", sagt der Sachverständige. Gebraucht gekaufte Autos, die kein Wärmeschutzglas besitzen, können laut Ahlgrimm mit innen an den hinteren Scheiben anzubringenden Schutzfolien nachgerüstet werden. Wichtig ist hierbei nur, dass die Fabrikate zugelassen und somit verkehrssicher sind. Sie reflektieren die Wärmestrahlung zwar nicht so gut wie Spezialglas, bringen aber immerhin eine Verbesserung gegenüber Standardglas.

Weil sich auch ein offen in der Sonne geparktes Fahrzeug stark aufheizt, hat sich Audi darüber hinaus Gedanken zum Wärmeschutz von Cabriofahrern gemacht. Das Prinzip bei den für das A5 und S5 Cabrio als Sonderausstattung bestellbaren Aufheizschutz-Polstern ist mit dem der Wärmeschutzverglasung vergleichbar: Laut Audi-Sprecher Josef Schloßmacher in Ingolstadt erhält die Polsteroberfläche eine Lackschicht, der besondere Pigmente zugesetzt sind. Diese haben eine wärmereflektierende Wirkung: Bei schwarzen Sitzen lasse sich die Wärmeaufnahme um bis zu 20 Prozent verringern, so Schloßmacher. Die Oberflächentemperatur sinkt nach Audi-Angaben um bis zu 20 Grad.

Zwar gibt es solche Pigmentlacke laut BASF-Sprecher Golek auch für Metallflächen. Sie fänden jedoch nur für industrielle Zwecke und beim Hausbau Anwendung, aber nicht bei der Autolackierung. Der Grund dafür sei, dass sich mit Pigmentlacken kaum eine Klimaverbesserung im Auto erreichen lasse. In diese Richtung werde bei der Lackentwicklung daher gar nicht weitergeforscht. "Wichtigster Schwerpunkt bei Autolacken ist die Kratzfestigkeit", sagt Golek.