Beim Piaggio mp3 Hybrid unterstützt je nach Bedarf ein Elektromotor den 15-PS-Benziner.

Rom. Der weltweit erste Hybridroller ist produktionsfertig und kommt aus Italien: Piaggios mp3 Hybrid basiert auf der bekannten Fahrwerkstechnik des erfolgreichen Dreirads und wird von einem 125-Kubikzentimeter-Benziner sowie einem Elektromotor angetrieben. So soll ein Verbrauch von weniger als zwei Litern auf 100 Kilometern möglich werden. Der Preis für den Doppelherz-Roller liegt bei rund 10.000 Euro.

Das sparsame Antriebskonzept hat Piaggio gemeinsam mit der Universität von Pisa entwickelt. Im Prinzip funktioniert es ähnlich wie ein Hybridsystem im Pkw: Neben der Arbeitsteilung beider Motoren ist auch rein elektrisches Fahren möglich. Außerdem gibt es einen speziellen Lademodus, bei dem der Verbrennungsmotor während der Fahrt die Akkus füllt. Über einen Wahlknopf an der rechten Lenkerarmatur kann der Fahrer insgesamt vier verschiedene Betriebsmodi vorgeben, die im Digitaldisplay des Cockpits angezeigt werden: Im Modus "Electric" agiert nur der 2,5 kW starke, bürstenlose Elektromotor emissionsfrei und geräuschlos. Im reinen Elektrobetrieb werden maximal 30 km/h Spitze erzielt, die Reichweite beträgt rund 20 Kilometer.

Wichtig ist dieser Modus für das heimatliche Italien, wo bestimmte Bereiche der Innenstädte für Verbrennungsmotoren gesperrt sind. Bei "Electric Reverse" fährt der mp3 rückwärts, gesteuert vom Gasgriff und bis zu 10 km/h schnell. Das hilft beim Einparken und Rangieren in der Garage. Wird "Hybrid Charge" angezeigt, treibt der moderne 125er-Piaggio-Viertakter gleichzeitig das Hinterrad und den Elektromotor an, wodurch dieser zum Generator wird und die Lithium-Ionen-Batterie auflädt.

Unter dieser Doppelbelastung leidet allerdings zwangsläufig die Fahrdynamik. Doch auch beim Bremsen und im Schiebebetrieb wird Energie zurückgewonnen und im 14 Kilo schweren Akku gespeichert. Möglich ist aber auch ein "Auftanken" über die Steckdose. Eine leere Batterie braucht rund drei Stunden bis zur vollständigen Ladung. Im "Hybrid Power"-Modus treiben E- und Verbrennungsmotor den Roller gemeinsam an, das Motormanagement steuert dabei die Anteile entsprechend der jeweiligen Stärken für eine optimale Beschleunigung bei minimierten Verbräuchen: Das mit 15 Newtonmetern deutlich höhere Drehmomentmaximum des Elektromotors bietet sich zum Starten und für Überholvorgänge bis zu mittleren Drehzahlen an.

Der flüssigkeitsgekühlte Vierventil-Verbrennungsmotor kommt erst ab mittleren Drehzahlen zum Einsatz, wenn er seine volle Stärke ausspielen kann. Durch seine "ride-by-wire"-Technologie, bei der die Motorelektronik die Umsetzung der Gasgriffbefehle übernimmt, reagiert der mp3 sehr sanft auf Fahrerbefehle und kann im "Electric"-Betrieb gut kontrollierbar sehr langsam gefahren werden. Im Gegenzug hält sich seine Dynamik abgesehen von der elektrisch unterstützten Beschleunigungsphase im Rahmen eines 15-PS-Fahrzeugs, dem durch die Hybrid-Technologie ein 30-Kilo-Paket an Zusatzgewicht aufgebürdet wurde. Unterm Strich soll der nun knapp 250 Kilogramm wiegende mp3-Stromer immer noch knapp 100 km/h schnell sein.

Pure Agilität ist jedoch nicht der Sinn der Hybridtechnologie. Neben der Erschließung von für Abgassünder verbotenen Innenstadt-Arealen steht der geringere Verbrauch im Vordergrund: Für den Antriebsmix aus 65 Prozent Hybrid- und 35 Prozent reinem Elektrobetrieb versprechen die Italiener einen sensationell niedrigen Verbrauch von 1,7 Liter Benzin auf 100 Kilometer, das entspricht einer CO2-Emission von 40 Gramm pro Kilometer. Zum Vergleich: Ein herkömmlicher 125er-Roller verursacht 90 Gramm CO2 je gefahrenem Kilometer, ein VW Golf mit Basisbenziner bläst 149 g/km in die Atmosphäre. Allerdings kommen in diesen Berechnungen die für den Hybridroller bei der jeweiligen Art der Stromerzeugung anfallenden Emissionen nicht vor.

Für Piaggio stellt der mp3 nicht zuletzt aufgrund des hohen Platzbedarfs der Technologie das ideale Hybrid-Fahrzeug dar: Die Einheit aus Batterie mit Ladeelektronik, Spannungswandler und Regler füllt den Platz unter dem Sitz vollständig aus, vom einstmals üppigen Stauraum bleibt nur noch der hintere Laderaum übrig. Dort passt immerhin ein ausgewachsener Helm samt Kleinutensilien hinein. Alsbald sollen die Autoführerschein-taugliche LT-Varianten sowie hubraumstärkere Motoren mit Hybridtechnologie folgen. Ab September steht der 125er-mp3-Hybrid in den Schaufenstern der italienischen Piaggio-Händler, in Deutschland dauert es voraussichtlich noch bis zum Frühling 2010. Zeit genug also, um schon einmal das Geld für den nicht eben preiswerten Roller zurückzulegen.