Vor allem kleine Werkstätten klagen über Probleme, an die notwendige Software der Autohersteller heranzukommen.

Hamburg. Die Autowerkstatt ist ein Ort, den viele mit ölverschmierten Händen der Mechaniker und einem reichen Sortiment an Schraubenschlüsseln in Verbindung bringen. Bei der Reparatur moderner Fahrzeuge sind heute aber oft ganz andere Fertigkeiten gefragt. Das Hauptaugenmerk liegt nämlich zunehmend auf der Elektronik. Und die stellt vor allem kleine Werkstätten vor neue Herausforderungen - eine besteht darin, überhaupt an die notwendigen Daten der Fahrzeughersteller heranzukommen. Der Werkstattkunde wiederum hat es oft schwer, die Eignung eines Reparaturbetriebes zu erkennen.

Die Elektronik ist auf vielen Ebenen allgegenwärtig, wenn es um Reparaturen oder Nach- und Umrüstungen geht. Das fängt schon beim Wechsel von Winter- auf Sommerreifen an: Verfügt das Auto über elektronische Reifendrucksensoren, müssen diese dann neu eingestellt werden. "Auch ein Reifenhändler braucht also entsprechende Geräte", erläutert Roger Eggers, Sachverständiger des TÜV Nord. Auch andere einst eher kleine Werkstattarbeiten können heutzutage zu ungeahnten Problemen führen. So weiß ADAC-Technikexperte Arnulf Thiemel von Modellen zu berichten, bei denen zur nachträglichen Montage einer Anhängerkupplung spezielle Testgeräte und dazu eine Online-Anbindung zu den Datenbanken des jeweiligen Autobauers notwendig ist.

Auch ein vergleichsweise kleiner Unfall kann zu Komplikationen führen. Zum Beispiel dann, wenn ein modernes Abstandsradar am Wagen vorhanden ist. "So ein Radar muss beim Neueinbau wieder auf den Millimeter genau justiert werden", erklärt Thiemel. Von weiteren Einstellungsarbeiten ganz abgesehen. Und ein Regensensor kann nicht einfach nur montiert werden. Die Elektronik verlangt nach Informationen, um welches Fahrzeug es sich genau handelt, will wissen, ob die Scheibe etwa grün oder bronze getönt ist. Alles in allem bedeutet das laut Roger Eggers: "Wer moderne Autos reparieren will, der braucht die entsprechenden Diagnosegeräte." Und modern bedeutet im Zusammenhang mit dem Auto nicht wirklich nur neu: "Das beginnt bereits mit den ersten Fahrzeugen, die über ein ABS oder Airbags verfügten." Die ersten Modelle dieser Art sind mittlerweile rund 30 Jahre alt.

Für die Werkstätten hat all das dazu geführt, dass sie mit der einst üblichen Ausstattung eines Kfz-Betriebes heute nicht mehr weit kommen. Vielmehr müssen sie auch gelernt haben, mit den vielen elektronischen Geräten umzugehen, die der Markt bietet, um in die Tiefen der Fahrzeugelektronik vorzudringen. Zwar dürfte heute in nahezu jeder Werkstatt irgendein Diagnosegerät vorhanden sein. Doch der Kunde weiß damit nicht, ob der Meister die gewünschte Arbeit auch problemlos bewältigen kann. Das beginnt schon damit, dass Diagnosegerät nicht gleich Diagnosegerät ist: "Unterschiede bestehen unter anderem darin, wie "tief" die Geräte in Elektronik eindringen können", beschreibt Arnulf Thiemel die Situation.

Während das eine Gerät nur simple Fehler entdeckt, erkennt das andere auch komplexere Zusammenhänge und macht womöglich selbst Reparaturvorschläge. Und niemand sieht einem solchen Gerät von außen an, ob die Software auf dem aktuellen Stand ist. Um auf der sicheren Seite zu sein, empfehlen die Experten, die Mitarbeiter der Werkstatt zu fragen, ob diese sich wirklich mit dem entsprechenden Fahrzeugtyp und dem möglichen Fehler auskennen. Sonst kann eine unnötig lange Fehlersuche zu einer ebenso unnötig hohen Rechnung führen.

Oft liegt das Problem der Fehlerfindung aber nicht im Auto oder im Unvermögen der Mechaniker. Vielmehr ist mit der Elektronik ein anderes Problem in die Werkstattwelt eingezogen: Die Hersteller sind oft nicht wirklich bemüht, die nötigen Informationen auch für freie Werkstätten zugänglich zu machen. Die eigenen Betriebe haben den Vorzug. Entweder sind die Informationen für freie Werkstätten nur auf Umwegen zu beschaffen, oder der Zugang ist mit Gebühren verbunden. Eine Änderung ist aber im Herbst zu erwarten. Für gänzlich neue Modelle, die ab September 2009 auf den Markt kommen, besteht erstmals eine Verpflichtung, die wichtigen Wartungs- und Reparaturunterlagen zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung zu stellen.

Noch allerdings hat die Sache einen Haken: Denn wie künftig tatsächlich vorgegangen wird, "das ist alles noch unklar", so Jörg Dietrich von der Firma FSD Fahrzeugsystemdaten in Dresden. Zu den Gesellschaftern des Unternehmens zählen Sachverständigenorganisationen wie TÜV, Dekra oder GTÜ. Denn was unter den besagten zumutbaren Bedingungen verstanden werden kann, ist ebenso wenig geklärt, wie die Wege, auf denen die Daten zur Verfügung gestellt werden können.