Goldenes Lenkrad: Der begehrte Autopreis wird heute zum 30. Mal verliehen. Jury vergibt alljährlich die von Axel Springer gestiftete Auszeichnung an die rundum besten Neuerscheinungen.

Berlin. Die ersten Sieger hießen Audi 100, BMW 633 CSI und Ford Fiesta. Das war im Jahr 1976, kurz nachdem der Verleger Axel Springer das "Goldene Lenkrad" aus der Taufe gehoben hatte. Seitdem wird der begehrteste deutsche Autopreis von der "Bild am Sonntag" alljährlich in mehreren Wertungsklassen an die besten automobilen Neuerscheinungen vergeben - am heutigen Mittwoch nun schon zum 30. Mal. Anlaß genug, im Rückspiegel einen Blick auf drei Jahrzehnte Testfahrten und illustrer Preisverleihungen zu werfen.

Der Hamburger Goldschmied Walter W. Warnke schuf das erste Goldene Lenkrad - und damit einen Preis, mit dem nicht nur bekannte Fahrzeuge, sondern auch begnadete Ingenieure, erfolgreiche Firmenchefs und talentierte Designer und Automobilsportler ausgezeichnet wurden. Die Liste der Träger des 1983 eingeführten Ehrenpreises umfaßt so bekannte Namen wie Henry Ford II., Ferry Porsche, Giovanni Agnelli, Ferdinand Piëch, Jürgen Schrempp und Wendelin Wiedeking. 1993 nahm Formel-1-Pilot Michael Schumacher die Auszeichnung entgegen.

Um die Neuheiten des Jahres auf Herz und Nieren zu prüfen, kommt jeweils eine Jury aus Technikern, Motorsportlern und Prominenten zusammen und wertet unter anderem nach Kriterien wie Verarbeitung, Sicherheit, Umweltfreundlichkeit, Design, Fahrwerk und Preis/Leistung. Zwei Jury-Mitglieder sind von Anfang an dabei und fehlten bei keinem Test-Einsatz: Ex-Rennfahrer Hans Hermann und der Ahrensburger Kfz-Meister Erhard Schwind.

Bei soviel professioneller Autotesterei blieben Zwischenfälle naturgemäß nicht aus. Der heutige Formel-1-Pilot Nick Heidfeld rutschte 1997 auf einer engen, regennassen Landstraße mit einem Ford Galaxy einen kleinen Abhang hinunter. Dabei riß eine Benzinleitung ab, tröpfchenweise ergoß sich der explosive Stoff auf den heißen Auspuff. Wenig später stand der Wagen in Flammen, Mit-Juror und Ex-Boxweltmeister Henry Maske hielt insgesamt 14 Autofahrer an - aber niemand hatte einen Löscher dabei. Als die Feuerwehr schließlich am Unfallort eintraf, war der Ford total ausgebrannt.

Ein anderer Vorfall ereignete sich auf dem Hockenheimring: Rennfahrer Rolf Stommelen wollte einer Redakteurin vorführen, wie perfekt ein Profi-Sportler selbst einen Kleinwagen beherrscht. Bei Tempo 80 versuchte er in einem Daihatsu Cuore eine Handbremswende. Erst schleuderte das Auto, dann kam es zum Überschlag - Stommelen und seine Beifahrerin blieben unverletzt. Den einzigen tödlichen Vorfall produzierte Ende der 80er Jahre Österreichs Ski-As Franz Klammer, der ein Huhn überfuhr. Weil Klammer ausgerechnet eine prämierte Legehenne in den Geflügelhimmel befördert hatte, bekam der Bauer eine Entschädigung. Ganz ohne Blessuren ging es aber auch bei den Preisverleihungen nicht ab. 1999 etwa stand Moderatorin Nina Ruge zu dicht am Bühnenfeuerwerk. Sie büßte einen Teil ihrer blonden Haarpracht ein, moderierte aber tapfer weiter. Boris Becker überreichte 2003 das Ehren-Lenkrad an den damaligen Mercedes-Chef Jürgen Hubbert - und blieb stumm. Der Tennisspieler litt an einem akuten Stimmband-Katarrh.

Einen Abend von weltgeschichtlicher Bedeutung erlebten die Gäste am 9. November 1989. Während (auch in Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters Walter Momper) im Berliner Springer-Verlagshaus die Goldenen Lenkräder vergeben wurden, fiel nur ein paar Meter entfernt die Mauer. Nach der Preisverleihung löste sich die Gästeschar rasch auf - um die historischen Stunden in der bisher geteilten Stadt hautnah und bis zum frühen Morgen mitzuerleben.

Anfang Oktober traf sich die 25köpfige Jury, um die Lenkrad-Kandidaten 2006 zu testen. Barbara Schöneberger, nie um einen kessen Spruch verlegene TV-Moderatorin, war vom Massagesitz der neuen Mercedes S-Klasse begeistert: "Der Sitz hat mich angefaßt. Toll! Nie mehr allein!" Wer die diesjährigen Sieger sind, ist morgen im Hamburger Abendblatt nachzulesen.