Neuer Führerschein der Klasse S stößt bei Jugendlichen bisher nur auf wenig Interesse.

Hamburg. Die Ankündigung eines neuen Kleinauto-Führerscheins für Jugendliche ließ in der Phantasie viele Szenarien zu: Minderjährige, die mit winzigen Automobilen den Stadtverkehr bereichern oder Schüler, die mit geländegängigen Quads die Landschaft umpflügen. Seit dem 1. Februar besteht für die ab 16jährigen mit dem neueingeführten Führerschein "Klasse S" die Möglichkeit, mit genau solchen Fahrzeugen am Straßenverkehr teilzunehmen. Doch das Interesse daran ist bislang eher zurückhaltend.

"Die Nachfrage nach dem Führerschein ist nach wie vor außerordentlich gering", bestätigt Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände. "«Es gibt nur ganz vereinzelt Anmeldungen bei den Fahrschulen." Insgesamt wurden in Deutschland bis in den März hinein weniger als 100 Anmeldungen für die entsprechenden Schulungen gezählt.

In der Zukunft rechnet die Branche zwar mit einem leichten Anstieg der Nachfrage. "Derzeit sieht es aber so aus, als würde es in Richtung Flop gehen", sagt von Bressensdorf. Gründe dafür sieht der Experte gleich mehrere: Zum einen sind für die Fahrerlaubnis etwa 600 bis 900 Euro einzuplanen. Hinzu kommen die hohen Kosten für ein Leichtfahrzeug, das dann bis zum "richtigen" Autoführerschein nur zwei Jahre gefahren wird: 10 000 Euro sind keine Ausnahme. Günstiger ist mit gut 2000 Euro ein sogenanntes Quad, eine Art vierrädriges Motorrad.

"Eine zusätzliche Abschreckung ist das geringe Tempo", sagt von Bressensdorf. Denn all diese Fahrzeuge dürfen höchstens 45 km/h fahren. Auch Berichte über schlechte Crashtest-Ergebnisse bestimmter Mini-Autos waren der Nachfrage kaum förderlich.

Es gibt aber auch andere Erfahrungen: "Wir haben einige Anfragen von Jugendlichen", sagt Fachhändler Dieter Hander. Allerdings beziehen sich einige Anfragen gar nicht auf die Fahrzeuge an sich, sondern auch auf die Nennung ausbildender Fahrschulen. Denn manche Fahrschule hat sich angesichts der Kosten nicht zur Anschaffung entsprechender Schulungsfahrzeuge durchringen können.

Zumindest bei den günstigeren Quads haben allem Anschein nach gerade Fahrschulaufträge zeitweise für ordentliche Geschäfte gesorgt. "Die Verkäufe sind vor allem Ende vergangenen Jahres angestiegen, weil sich Fahrschulen eingedeckt haben", erklärt Elmar Hirsch vom Anbieter MSA. Der große Käufer-Andrang sei jedoch ausgeblieben.

Am wenigsten überrascht von der geringen Nachfrage zeigen sich die Hersteller der Leichtkraftfahrzeuge - sie haben nie mit dem großen Boom bei Jugendlichen gerechnet. "Jugendliche sind nicht die Zielgruppe für diese Fahrzeuge", sagt Nicole Steiger von der Firma Microcar, "vor allem ältere Menschen fragen die Fahrzeuge nach". «"Wir haben von Jugendlichen praktisch keine Nachfrage", sagt auch Peter Resetka von Ligier, "die Fahrzeuge sind für sie einfach zu teuer." Hardy Dupont vom Miniauto-Marktführer Aixam ergänzt: «"Bei Jugendlichen haben die Mini-Cars einfach kein Image." Er glaubt, daß hierzulande dieses Jahr rund 1000 Leichtkraftfahrzeuge verkauft werden. «"Davon gehen wohl nur etwa 20 an Jugendliche."

Trotz des laschen Starts der "S-Klasse" gehen die Anbieter von steigenden Verkäufen aus - auch wenn die Zunahme sich eher gemächlich vollziehen dürfte. "Ein Riesenboom ist sicher nicht zu erwarten", meint Dieter Hander, "aber die ablehnende Haltung einiger Jugendlicher wird sich abschleifen." Er geht davon aus, daß die Verkaufszahlen sich mit der Zeit verdoppeln oder verdreifachen werden. Von Zahlen wie in Frankreich wagt hier niemand zu träumen: Dort werden jährlich 30 000 Exemplare verkauft - allerdings meist an ältere Menschen. (gms)